Sport

Matthäus: "Österreicher plagt das Messi-Syndrom"

Fußball-Ikone Lothar Matthäus erklärt "Heute", woran es im ÖFB-Team krankt. Warum Alaba das "Messi-Syndrom" auslöst.

Heute Redaktion
Teilen
Lothar Matthäus nimmt David Alaba unter die Lupe.
Lothar Matthäus nimmt David Alaba unter die Lupe.
Bild: GEPA-pictures.com

Im ersten Teil des großen "Heute"-Interviews mit Lothar Matthäus knöpft sich die Fußball-Ikone den heimischen Kick vor. Warum Österreich seit der EURO 2016 strauchelt? Warum David Alaba "nie ein Führungsspieler sein wird". Wen er als Versprechen für die Zukunft sieht. Sein Senf zur Causa Martin Hinteregger, der Augsburg verlassen hat, Frankfurt aber zu teuer ist.

Jüngst hat Hinteregger ein Rausch-Video in weitere Bedrängnis gebracht. Der Vorfall ereignete sich nach dem Matthäus-Interview. Die Infos.

"Heute": In der Bundesliga spielen nächste Saison 32 Österreicher. Rot-Weiß-Rot stellt damit vor Frankreich (27) die meisten Legionäre. Ist das gut für die Liga?

Lothar Matthäus: "Vor allem ist es gut für Österreich. Euer Fußball hat in den letzten Jahren profitiert von den Legionären. Wir Deutsche sind im Fußball professioneller, ihr im Skifahren. Wobei Legionäre? Ihr Ösis seid doch keine Legionäre mehr. Ihr seid schon mehr Brüder – großer Bruder, kleiner Bruder."

Welcher Österreicher in Deutschland ist der Beste?

"Natürlich Alaba. Er spielt bei den Bayern ein höheres Niveau als im Nationalteam. Da plagt euch Österreicher das Messi-Problem."

Ihr Ex-Teamkollege Christian Ziege meinte zuletzt im „Heute"-Interview, dass er sich steigern muss, zum Führungsspieler werden muss – vom Supertalent zum Mann.

"David ist und wird kein Führungsspieler sein, wie es ein Mats Hummels ist. Er ist kein Lautsprecher. Er ist nicht der Typ dafür. Das liegt aber auch an seiner Position am Platz. Er spielt auf der linken Seite – so wie Ziege, der auch kein Führungsspieler war. Ein Matthäus, ein Effenberg oder ein Scholl, die Bayern geführt haben, spielten zentral. Aber zurück zum Thema Mann: David hatte ein einziges schlechteres Jahr bei den Bayern. Das war nach der EURO. Da hatte er einen Hänger. Er war Mann genug, sich da schnell rauszukämpfen."

Wo spielt er am stärksten?

"Ganz klar links hinten. Wobei er die Rolle oft als Linksaußen interpretiert. Da ist er Weltklasse. Ich habe nie verstanden, warum er die Rolle im Mittelfeld fordert. Da hat Bayern andere Spieler, bessere. Den Sechser muss er aus seinem Kopf streichen. Das sind andere Laufwege, ein anderer Blickwinkel, ein anderer Rhythmus. Lahm konnte das Switchen zwischen diesen Positionen, Kimmich kann es auch, David nicht. Aber: Er hat mit Franck Ribery in den letzten Jahren die stärkste linke Seite im Weltfußball gebildet. Was will er mehr? Ja, Franck aß das goldene Steak, David nicht."

Soll er die Bayern verlassen, zu Real oder Barcelona wechseln?

"Wenn ihn Real oder Barcelona ernsthaft haben möchten, hätten sie längst ein Angebot für ihn abgegeben. Haben sie aber nicht. David war auch noch nie im Bayern-Büro und hat gesagt: Ich will weg."

Welcher Österreicher in der Bundesliga gefällt Ihnen noch?

"Einige. Laimer von Leipzig etwa hat überragend gespielt, immer hohes Niveau. Er kann in verschiedenen Rollen stark agieren. Auch Sabitzer hat sich gut entwickelt. Teamchef Foda ist begeistert von seinem Potenzial. Das hat er mir schon mehrmals gesagt."

Hinteregger will zu Frankfurt, Augsburg verlangt 15 Millionen Euro. Was halten Sie davon?

"Er soll doch den Vertrag akzeptieren, den er in Augsburg mit großer Freude unterschrieben hat. Oder es einigen sich alle drei, beide Klubs und er selbst, auf einen Wechsel. So einfach ist das. Ich halte nichts davon, wenn Spieler streiken und den Adler plötzlich am Rucksack haben und Manager Druck aufbauen. Das ist nicht meine Welt. Er ist gut, aber ich sehe ihn nicht bei 15 Millionen."

Adi Hütter hat als Coach von Eintracht Frankfurt überzeugt, die Bundesliga-Spieler wählten ihn zum Trainer des Jahres …

"Völlig zu Recht. Die Erfolge im Europapokal, seine offensive Spielweise – er hat die gelegte Basis von Niko Kovac noch einmal verfeinert und verbessert. Nach den Abgängen wird er diese Saison aber kleinere Brötchen backen müssen."

Hätte er das Zeug für die Bayern?

"Vorstellbar ist alles, auch ein Österreicher als Bayern-Coach. Aber ich hoffe, dass es so bald nicht dazu kommt. Aus einem einfachen Grund: Ich halte Kovac für einen Super-Trainer."

Lothar Matthäus ist heute als TV-Experte beim Sender "Sky" tätig. Seine Spielerkarriere machte ihn einst zum Weltstar. Der Deutsche spielte für Bayern München, Inter Mailand und Borussia Mönchengladbach. Dazu absolvierte der 58-Jährige 150 Länderspiele. Matthäus ist Weltfußballer, Weltmeister, Europameister, siebenfacher deutscher Meister, dreifacher DFB-Pokalsieger, italienischer Meister und zweifacher UEFA-Cup-Sieger (mit Bayern und Inter).

Als Trainer war er 2001/02 bei Rapid Wien tätig. Über diese Zeit spricht er im zweiten Interview-Teil. Danach hatte er in Salzburg als Co-Trainer von Giovanni Trapattoni gedient (06/07). Seine letzte Station endete 2011: Teamchef in Bulgarien.

(Interview führte Martin Huber)