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Menschlicher Urin wird immer mehr zum Umweltproblem

Eine zu proteinreiche Ernährung führt zu Ausscheidungen, die die Wasserqualität und die Artenvielfalt gefährden.

Die Menge des aus dem menschlichen Urin stammenden Stickstoffes ist in den USA bereits so groß, dass sie mit der Verschmutzung durch landwirtschaftliche Düngemittel konkurriert, die von Feldern abgeschwemmt werden müssen.
Die Menge des aus dem menschlichen Urin stammenden Stickstoffes ist in den USA bereits so groß, dass sie mit der Verschmutzung durch landwirtschaftliche Düngemittel konkurriert, die von Feldern abgeschwemmt werden müssen.
Getty Images/iStockphoto

Ohne Proteine geht es nicht: Gemeinsam mit Fetten und Kohlenhydraten bilden sie die Hauptnährstoffe, die wir zum Leben brauchen. Sie sind essentiell, wie Fachleute sagen. Doch zu viel davon ist auch nicht gut – weder für die Gesundheit noch für die Umwelt, wie Forschende der University of California in Davis im Fachjournal "Frontiers in Ecology and the Environment" schreiben.

"Es hat sich herausgestellt, dass viele von uns viel mehr Eiweiß essen, als sie brauchen, und das hat Auswirkungen auf die Ökosysteme", so das Fazit des Teams um die Umweltwissenschaftlerin Maya Almaraz. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Protein aus tierischer oder pflanzlicher Quelle stammt.

"Stickstoffkaskade" mit Folgen

Nimmt eine Person zu viel Eiweiß zu sich, dann baut ihr Körper den Überschuss in Form von Harnstoff ab, der mit dem Urin zusammen ausgeschieden wird, viel Stickstoff enthält und schließlich im Abwasser landet. Dort kann der Stickstoff eine sogenannte "Stickstoffkaskade" auslösen, so die Forschenden.

Chemische Bedingungen

Was das heißt, führt Scientificamerican.com aus: "Unter bestimmten chemischen Bedingungen und in Gegenwart bestimmter Mikroben kann Harnstoff zu Gasen aus oxidiertem Stickstoff abgebaut werden." Diese Gase gelangten in die Atmosphäre, wo Distickstoffoxid (N2O) über den Treibhauseffekt zur Erwärmung beitrage und Stickoxide (NOx) sauren Regen verursachen. In anderen Fällen ernährten sich Blaualgen direkt von Harnstoff. «Der Stickstoff hilft ihnen, viel schneller zu wachsen, als sie es normalerweise tun würden, und verstopft lebenswichtige Wasservorräte mit Blüten, die Giftstoffe produzieren können, die für Menschen, andere Tiere und Pflanzen schädlich sind.»

Aquatische Todeszonen

Selbst wenn die Algen absterben würden, sei das Problem noch nicht gelöst, so die Autorin. Denn Mikroorganismen, die sich von abgestorbenen Algen ernähren, verbrauchten den Sauerstoff im Wasser, "was zu ‹toten Zonen› in Flüssen, Seen und Ozeanen führt, in denen abgesehen von Mikroben kaum etwas mehr überleben kann." Mit anderen Worten: Der Stickstoffüberschuss löst eine Entwicklung aus, die die Wasserqualität und die Artenvielfalt gefährdet.

Die Menge des aus dem menschlichen Urin stammenden Stickstoffes ist in den USA bereits so groß, dass sie mit der Verschmutzung durch landwirtschaftliche Düngemittel konkurriert, die von Feldern abgeschwemmt werden, so das Team um Almaraz. Weltweit werden jährlich mehr als 100 Millionen Tonnen Stickstoff über Düngemittel für den Pflanzenbau ausgebracht.

Möglichkeiten, um das Problem in den Griff zu bekommen

Zwar gebe es längst technische Lösungen zur Abwasserreinigung, mit denen sich das Problem um 90 Prozent reduzieren ließe, doch aufgrund der hohen Kosten kämen diese nicht einmal bei einem Prozent des Abwassers zum Einsatz, schreibt Derstandard.at. Andere Methoden zur Elimination der Algen, wie das Besprühen der Oberfläche einer Blüte mit Tonpartikeln oder Chemikalien, sind nicht immer wirksam, um das gesamte schädliche Wachstum zu beseitigen. Einige dieser Methoden können sogar zu einer zusätzlichen Verschmutzung führen, so Scientificamerican.com.

Milch und Fleisch

Die beste Möglichkeit stellt laut Almaraz eine Ernährungsumstellung dar. Das hätten ihre Berechnungen gezeigt. Würden die Menschen in den USA die wissenschaftlichen Empfehlungen für die Proteinzufuhr befolgen, würden kurzfristig etwa zwölf Prozent weniger Stickstoff, bis Mitte des Jahrhunderts sogar fast 30 Prozent weniger in die Oberflächengewässer gelangen. Dafür ist laut Patricia Glibert von der University of Maryland, die nicht an der Studie beteiligt war, keine komplette Umstellung notwendig: Es würde schon reichen, den Konsum von Fleisch und Milchprodukten zu reduzieren.

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