Russland als Gefahr

Müssen wir uns vor Putin fürchten? "Selbstverständlich"

Bei eingestellter US-Hilfe dürfte die Ukraine früher oder später kollabieren. Nimmt Moskau dann andere ins Visier? Ein Interview mit Roland Popp.
05.03.2025, 19:57

Die USA wollen die Ukraine nicht mehr länger bei der Verteidigung gegen Russland helfen, aus Moskau gibt es darauf hämische Reaktionen. Fragt sich, was nun auf Europa zukommt. Europa müsse seine Rüstung stärken - aber auch "endlich" eine diplomatische Strategie entwickeln, sagt Roland Popp von der Milak an der ETH Zürich. Einen direkten Krieg zwischen Russland und europäischen Ländern schließt der Militärhistoriker eher aus. Doch ein Land sieht er gefährdet. Das Interview:

Wann konkret müsste die Ukraine aufgeben, sollten sich die USA zurückziehen?

Die meisten Prognosen in diesem Krieg haben sich als grundfalsch erwiesen, ich wäre da sehr vorsichtig mit Vorhersagen. Sollte auch die Aufklärungsunterstützung der Amerikaner wegfallen, wird es auf jeden Fall schwierig für die ukrainischen Streitkräfte. Das Hauptproblem ist aber inzwischen der Personalmangel, das ist ohnehin unabhängig von amerikanischer und europäischer Hilfe.

„Auch die russische Armee ist in der Ukraine bis an ihre Grenzen gekommen“
Roland PoppMilak an der ETH Zürich

Hätte Moskau im Falle einer Kapitulation der Ukraine weiter Appetit – respektive: Könnte der aktuelle hybride Krieg gegen Europa zu einem physischen Krieg eskalieren?

Der hybride Krieg wird seit Jahrzehnten beschworen, ich gebe wenig auf solche Konzepte. Konkret ist auch die russische Armee in der Ukraine bis an ihre Grenzen gekommen, die Vorstellung, man wäre nun in der Lage sich als Nächstes gleich die polnische oder finnischen Streitkräfte vorzunehmen, halte ich für absurd. Moldawien könnte womöglich gefährdet sein. Die Spannungen aber dürften ohnehin groß bleiben, zumal man in Moskau nun fast den gesamten Rest Europas als Feind betrachtet. Rüstungsanstrengungen sind unumgänglich, aber eben auch endlich eine diplomatische Strategie. Dass man sich in Europa weiterhin von jenen Experten beraten lässt, die in wirklich jeder Hinsicht im Ukraine-Krieg falsch lagen, erfüllt mich mit tiefer Sorge.

„Nun wären kluge Strategen gefragt, die sehe ich nicht unter Europas Politikern und Politikerinnen“
Roland PoppMilak an der ETH Zürich

Sollten wir uns vor Russland künftig fürchten?

Selbstverständlich. Die europäischen Staaten haben einen Stellvertreterkrieg gegen Russland geführt im Anschluss an die Aggression und sind aus Sicht Moskaus indirekt für den Tod und die Verwundung Hunderttausender Russen verantwortlich.

Diktieren künftig Moskau und Washington in Europa den Frieden?

Nein. Sollte die Trump-Administration diesen Weg weitergehen, wird der amerikanische Einfluss in Europa rasant schwinden. Und diejenigen Staaten, die vollständig auf die USA setzten, werden massiv an Einfluss verlieren, da sie die Hauptverantwortung für diese einzigartige strategische Katastrophe tragen. Moskau mag dann militärisch in der Vorhand sein, das resultiert aber nicht automatisch in politischer Dominanz. Nun wären kluge Strategen gefragt, die sehe ich nicht unter Europas Politikern und Politikerinnen.

„Das soll wohl den Eindruck des Meisterstrategen erwecken, der Trump sicher nicht ist“
Roland PoppMilak an der ETH Zürich

Was ist an der Theorie dran, dass Trump Russland aus dem chinesischen Einfluss herauslösen will? Und kann das funktionieren?

Das soll wohl den Eindruck des Meisterstrategen erwecken, der er nun sicher nicht ist. Russland und China pflegen eine enge und vertraute Partnerschaft, das Misstrauen Moskaus gegenüber den Amerikanern ist haushoch. In absehbarer Zukunft ist eine solche Neuordnung der Allianzen undenkbar, zumal diese Vereinigten Staaten alles andere als vertrauenswürdig sind.

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 05.03.2025, 19:57
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