Es war im März 2023, als in Straden (Südoststeiermark) plötzlich Schüsse fielen. Ein über 70-jähriger Mann griff im Stiegenhaus eines Mehrparteienhauses zu einer Langwaffe und schoss auf zwei Nachbarinnen. Eine Frau wurde schwer verletzt, ihre Freundin erlitt einen Streifschuss.
Nur durch das beherzte Eingreifen eines weiteren Bewohners überlebten beide. Wenig später wurde der mutmaßliche Täter tot in seiner Wohnung aufgefunden – laut Polizei deutete alles auf Suizid hin. Das Motiv blieb offiziell ungeklärt, die Ermittler warnten damals vor voreiligen Schlüssen.
Zwei Jahre später melden sich nun Bewohner aus dem Ort – anonym, aber mit wichtigen Details. Mehrere berichten übereinstimmend, der Mann habe psychisch zunehmend abgebaut, sich immer mehr zurückgezogen und gewirkt, als wäre er "innerlich zerbrochen".
Drastischer Vorwurf: Laut einem Anrainer sei die Wohnungstür des Mannes einmal von außen verschraubt worden. Er habe sie nicht mehr öffnen können. Offiziell bestätigt ist das nicht, doch es gilt als Hinweis auf eine tiefergehende Eskalation im Nachbarschaftskonflikt.
Im Ort war der Nachbarschaftsstreit kein Geheimnis. Es habe regelmäßig Auseinandersetzungen gegeben, berichten Anrainer. Der Schütze soll das Auto einer der Frauen bespuckt und Müll darauf abgelegt haben – umgekehrt sei angeblich ebenfalls provoziert worden. Die Frauen hätten den Täter zudem durch ständige Konfrontationen, Anzeigen und psychischen Druck "aufs Äußerste gereizt".
Suizidgedanken? Hol dir Hilfe, es gibt sie.
In der Regel berichten wir nicht über Selbsttötungen – außer Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.
Wenn du unter Selbstmord-Gedanken oder Depressionen leidest, dann kontaktiere bitte die Telefonseelsorge unter der Nummer 142 – täglich 0-24 Uhr!
Der Mann soll über längere Zeit einem enormen seelischen Druck ausgesetzt gewesen sein. Von psychischer Gewalt ist die Rede – gezielte Ausgrenzung, Verunsicherung, ständiges Aufeinandertreffen im engen Wohnumfeld.
Trotzdem äußert sich kaum jemand offen. Viele geben an, Angst vor rechtlichen Schritten zu haben. Denn die beiden Frauen, die den Angriff überlebten, sollen in der Vergangenheit rasch zu juristischen Mitteln gegriffen haben. Die Atmosphäre bleibt angespannt – und zeigt, wie tief die Spuren des Falls reichen.
Klar ist: Die Gewalt des Mannes ist durch nichts zu entschuldigen. Es war ein brutaler Angriff auf zwei Frauen, der nur knapp kein tödliches Ende nahm. Gewalt gegen Frauen muss immer klar benannt und bekämpft werden – auch in Fällen, in denen die Vorgeschichte komplex ist.
Doch genau deshalb ist der Fall Straden so erschütternd: Er zeigt, wie gefährlich ungelöste Konflikte im sozialen Nahraum sein können.
Der Fall Straden steht im Zentrum der neuen Staffel der ATV-Dokureihe "Nachbarschaftsstreit". Die Sendung geht der Frage nach, wie aus scheinbar banalen Reibereien tödlicher Ernst werden kann – und welche Dynamiken im Hintergrund oft unerkannt bleiben.