Trennungsschmerz trotz Asyl

Nachzugs-Stopp für Syrer ein "Integrationshemmer"

Mohamad lebt und arbeitet legal in Wien. Doch seine Familie ist in der Türkei. Der Nachzugs-Stopp der Regierung trifft ihn mitten ins Herz.
Christoph Weichsler
06.04.2025, 07:00
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Mohamad A. (32) lebt seit fast 4 Jahren in Österreich. Seit über 2 Jahren arbeitet er als Dachdecker in Wien, zahlt Steuern, lebt gesetzestreu. Doch seine Kinder (9 und 10) hat er seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie stecken mit ihrer Mutter in der Türkei fest.

"Papa, wann dürfen wir endlich zu dir?", fragen sie immer wieder am Telefon. Mohamad ist verzweifelt. Er kann ihnen keine Antwort geben – wegen des jüngsten Regierungsbeschlusses: Der Familiennachzug aus Syrien wird vorerst gestoppt.

Ein Jahr Warten – dann kam das Aus

Mohamad durchlief alle Stationen: Erst subsidiärer Schutz, dann Asylstatus, danach Antrag auf Familiennachzug. Ein Jahr lang hörte er nichts – bis die Regierung den Riegel vorschob. "Ich kann nicht glücklich sein, solange meine Familie nicht bei mir ist. Ich fühle mich wie im Gefängnis."

Eine Rückkehr nach Syrien sei kein einfaches Unterfangen. "Dort hungern die Leute. Es gibt keine Arbeit, keine Sicherheit." Gleichzeitig bleibt ihm hier nur das Warten – und ein Gefühl der Ohnmacht.

"Warum noch Deutsch lernen, wenn die Familie fehlt?"

Auch Abdulhkeem Alshater vom Verein Freie Syrische Gemeinde schlägt Alarm. Der Nachzugs-Stopp habe spürbare Auswirkungen: "Zu unserem Deutsch-Sprachcafé kommen seit der Ankündigung viel weniger Menschen. Viele sagen: Warum soll ich noch Deutsch lernen, wenn ich hier kein Leben aufbauen darf – ohne meine Familie?"

Er sieht den Stopp nicht nur als menschliche Härte, sondern auch als integrationspolitischen Fehler: "Dieser Schritt ist aus meiner Sicht ein Integrationshemmer. Wer seine Familie nicht nachholen darf, verliert die Motivation, sich wirklich ein Leben hier aufzubauen."

Viele hätten jahrelang darauf hingearbeitet, endlich ihre Angehörigen nachzuholen. "Jetzt wurde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Das zerstört Perspektiven", so Alshater.

"Wer sich bemüht, sollte faire Chance bekommen"

Die Regierung begründet den Schritt mit der Überforderung des Systems: zu wenig Schulplätze, zu wenig Lehrer, zu wenig Deutschkurse. Integration sei kaum noch leistbar, heißt es.

Abdulhkeem kennt die Probleme – und fordert dennoch klare Unterscheidung: "Es gibt Menschen, die nicht lernen wollen. Aber wer sich bemüht, sollte eine faire Chance bekommen." Wartezeiten von sechs Monaten auf Sprachkurse seien untragbar.

"Straftäter sollen abgeschoben werden"

Ein sensibles, aber wichtiges Thema spricht Alshater offen an: "Es gibt einzelne Syrer, die kriminell werden. Die sollten abgeschoben werden – denn sie schaden der gesamten Community."

Kein Zuhause – weder hier noch dort

Mohamad bleibt in der Warteschleife. Er arbeitet weiter, überweist regelmäßig Geld an seine Familie – doch sein Herz ist zerrissen. "Ich habe hier mein Leben aufgebaut. Aber ohne meine Kinder ist es nicht vollständig."

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