"Wir haben Angst, unser Haus zu verlieren." Mit diesen Worten schildert Christian B. seine Verzweiflung. 2021 zog er mit seiner Familie in das neue Eigenheim in Sierning (Bez. Steyr-Land). In der direkten Umgebung befinden sich mehrere Strommasten: "Beim Bau haben wir uns ganz streng danach richten müssen, dass die Leitung nicht zu nah ist", erzählt er "Heute".
Im Juni kam dann Post von der Austrian Power Grid (APG): Für die nahe Hochspannungsleitung müsse ein Servitut eingerichtet werden. Heißt: ein Nutzungsrecht auf fremdem Grund. Das Grundstück gehört einem zwar, andere dürfen es in einem bestimmten Bereich oder für einen bestimmten Zweck aber mitbenutzen – etwa für Leitungen, Wege oder Zufahrten.
Die Maßnahmen sollen schon im kommenden Mai umgesetzt werden, wie B. mitgeteilt wurde. Das löste bei den Anrainern Panik aus. Denn: Der Betroffene machte sich schlau und las nach, dass man in einem Servitutsbereich eigentlich nicht wohnen dürfe.
"Die APG nimmt uns drei Viertel von unserem Grundstück, die Leitung geht komplett über unser Haus drüber", klagt der Familienvater. "Es ist unklar, ob wir das Haus überhaupt behalten können." Er hakte bei der Gemeinde und beim Unternehmen nach. Doch eine klare Antwort habe er bis jetzt nicht bekommen.
"APG und Gemeinde schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu", so B. Die Anrainer fühlen sich alleingelassen. Auch einen Anwalt hat der Familienvater mittlerweile eingeschaltet. Denn für ihn und seine Frau steht viel auf dem Spiel: "Wir haben lange ein Grundstück gesucht, unser ganzes Erspartes steckt in dem Haus. Und jetzt kommt sowas."
Auf "Heute"-Anfrage hieß es von der APG, dass die Ängste der Anrainer unbegründet seien: "Die Grundstücke können selbstverständlich weiterhin wie bisher genutzt werden." Ein Servitut sei ein bloßes Dienstbarkeitsrecht – das Eigentum bleibt beim Grundeigentümer. "Es müssen selbstverständlich keine bestehenden Gebäude entfernt werden oder sonstige Änderungen vorgenommen werden."
Das soll in Sierning konkret passieren: Aus sicherheitstechnischen Gründen wird ein Strommast mitten in der Siedlung entfernt. Zwei andere Masten werden dafür höher gebaut, die Leitung hängt dann rund vier Meter weiter oben. Das Servitut vergrößert sich von 30 auf 35 Meter.
"Die Bebaubarkeit der Grundstücke in der gesamten Siedlung wird aufgrund des Mastentfernung und des höheren Leitungsverlaufes insgesamt verbessert", so die APG. Jedem betroffenen Eigentümer werde eine angemessene Entschädigung für die Servitut-Erweiterung gezahlt.