Jüngster Direktor Wiens

Neuer Volkstheater-Chef: "Werden kein Komödienstadl"

Der neue Intendant Jan Philipp Gloger hat sich für seine erste Spielzeit im Volkstheater viel vorgenommen. Es wird lustig, bleibt aber klar politisch.
Sandra Kartik
12.05.2025, 15:58

Am Montag nahm sich Jan Philipp Gloger, der neue Intendant des Volkstheaters, ausführlich Zeit, um in der Roten Bar seinen ersten Spielplan 2025/26 zu präsentieren. Der 43-Jährige Deutsche beerbt Kay Voges. Er punktet mit Nahbarkeit, Humor und einer klaren Ausrichtung: "Wir setzen auf Lachen, wir werden aber kein Komödienstadl". Und: "Wir wollen Haltung beziehen, vor allem in den Stücken. Es geht am Volkstheater gegen Rechts", verspricht der "jüngste künstlerische Direktor der größeren Wiener Häuser".

Das erste Stück, das Gloger auch selbst inszeniert, feiert am 12. September Premiere: "Ich möchte zur Milchstraße wandern", "Weltuntergang", "Astoria", "Vineta" und andere Texte von Jura Soyfer, einem Autor, der im KZ Buchenwald getötet wurde. Geschichtsvergessenheit ist eines der Grundthemen, der Abend wird jedoch auch mit "revuehaften Elementen" punkten. Dem politischen Schriftsteller wird auch eine brandneue Komödien-Auszeichnung gewidmet: Der erste Jura-Soyfer-Preis ist mit 30.000 Euro dotiert und soll alle zwei Jahre an erfahrene AutorInnen vergeben werden.

Wien wird zum neuen Berlin

Gloger, der zuletzt Schauspielerdirektor am Stadttheater Nürnberg war, hat nicht nur Darsteller aus seinem Umfeld ins Volkstheater mitgebracht. Er setzt auch mit Tobias Schuster, zuletzt Dramaturg am Schauspielhaus Wien, und Rieke Süßkow, der neue Haus-Regisseurin, auf Mitarbeiter aus seiner Heimat. "Ja, es ist vielleicht ein deutsches Leitungs-Team, aber es sind natürlich viele RegisseurInnen, die Wien lange kennen oder selbst Österreicher sind", erklärt er im "Heute"-Gespräch.

"An Wien selbst begeistert mich die unglaubliche Nähe von Leichtigkeit und Düsterkeit, dass Tradition eine Rolle spielt, die Stadt aber gleichzeitig progressiv ist. Es gibt eine Aufbruchstimmung: Gerade gehen ganz viele junge Leute von Berlin nach Wien. Das kriege ich in der Szene mit. Die Stadt ist lebendig, multikulti, aber gewachsen divers, das finde ich unheimlich spannend", beobachtet der neue Volkstheater-Intendant. Und die Wiener Küche hat es ihm auch angetan: "Ich bin nunmal ein verlorener Kulinariker und finde an jeder Ecke etwas aufregend. Da ist eine Dichte von Savoir-Vivre, die mich auch fasziniert."

Volkstheater wird "weniger aktivistisch"

Auch die zweite Premiere am 14. September macht Gloger und sein Team stolz: Die Uraufführung von "Caché", dem Film von Oscar-Star Michael Haneke. Hier geht es um Verdrängung, Rassismus und Kolonialismus. "Das Volkstheater wird ein politisches Theater bleiben", so Gloger bei seiner Antritts-Pressekonferenz. Gegenüber "Heute" ergänzt er: "Es wird weniger aktivistisch, als es bisher war. Ich bin ein anderer Typ, wir machen das mehr in den Stücken selbst."

Mit "The Boys Are Kissing", einem Stück über zwei neunjährige Buben, die sich am Schulhof küssen, wird es dann ab 25. September zeitgenössisch. Die Konversations-Komödie ist "die queere Antwort auf Yasmina Rezas 'Gott des Gemetzels''". In dem Stück "Ukrainomania" (Ab 15. Jänner 2026) wird die Biografie von Joseph Roth in einer internationalen Co-Produktion ergründet.

Ohren auf für Wiener Geschichten

Mit dem "Volksohr" startet das Theater auch ein witziges, experimentelles Projekt: Ein Jahr lang wird ein bewusst hässlich aussehendes Hörorgan, ein sogenanntes "Ringerohr", in Lebensgröße durch ganz Wien streifen, um den Menschen der Stadt zu lauschen. Es geht dabei um "radikales Hinhören", so Initiatorin Süßkow.

Ebenso nahe beim Volk ist man weiterhin auch mit Vorstellungen in den Bezirken, die will Gloger weiter ausbauen. Ein weibliches Führungsduo zeichnet nunmehr dafür verantwortlich: Julia Engelmayer, bisher leitende Dramaturgin in St. Pölten, und Anja Sczilinski. Highlight wird etwa das Stück "Halbe Leben", ein Pflegedrama als Krimi erzählt. Die Zusammenarbeit mit dem Bronski & Grünberg Theater bleibt mit "Die Räuber", sehr frei als Slapstick-Komödie interpretiert, auch weiterhin bestehen. Und Gloger inszeniert für die Bezirke "State of Union" nach dem Roman von Nick Hornby sogar selbst.

{title && {title} } sk, {title && {title} } Akt. 12.05.2025, 16:11, 12.05.2025, 15:58