Psychisch kranke Straftäter

"Nicht kontrollierbar": Siedlung zittert vor Häftlingen

Das beschauliche Örtchen Zurndorf im Burgenland soll bald 30 männliche psychiatrische Vollzugshäftlinge beherbergen. Die Bevölkerung ist besorgt.
Newsdesk Heute
02.08.2025, 21:45
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In Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See) herrscht große Aufregung. Der Grund ist die geplante Unterbringung von 30 psychiatrischen Vollzugshäftlingen am Friedrichshof ab dem 1. Oktober. Die Straftäter sollen in der 200-Einwohner-Siedlung neben Familien mit kleinen Kindern, alleinstehenden Frauen und älteren Menschen wohnen.

Obwohl sich das Land gegen das Projekt stellt – Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) meinte, "dieses Projekt wird es mit uns nicht geben" – scheint alles bereits in trockenen Tüchern zu sein. Die Sorgen in der Bevölkerung sind dementsprechend groß.

Unterschriften-Kampagne gegen Projekt

Gegenüber der "Krone" sagen zwei Bewohnerinnen des Hofes, dass man vor fast vollendete Tatsachen gestellt wurde. Die Häftlinge sollen in einem leerstehenden Hotel einquartiert werden. Die Situation im Ort sei mehr als nur angespannt. Gegen das Projekt wurde bereits eine Unterschriften-Aktion mit 127 Namen abgegeben. Zudem kündigten einige Bewohner an, wegzuziehen.

Man sei sich innerhalb der Siedlung einig: "Wir haben hier keinen Platz für eine Freiluftpsychiatrie und genau das würde es werden". Die Frauen erzählten, dass man bereits eine Wohngemeinschaft für beeinträchtigte Menschen vor Ort habe. Diese würde auch von der Bevölkerung mitgetragen werden. Im Falle von psychisch kranken, männlichen Straftätern sehe die Sache aber anders aus. Das Gleichgewicht im Ort würde kippen, so die Bewohnerinnen.

"In höchstem Ausmaß fahrlässig"

Des Weiteren hat sich auch eine Polizistin, die mit den betroffenen Straftätern vertraut ist, zu dem geplanten Projekt gegenüber der "Krone" geäußert. Sie beschreibt die Umsetzung eines solchen Vorhabens an so einem Ort als "brandgefährlich" und in "höchstem Ausmaß fahrlässig". Es sei nur eine Frage der Zeit, bis es zu einer schweren Straftat kommen werde, meint die Beamtin.

Ein weiterer Bewohner des Hofes, der sich mit psychiatrischen Vollzugshäftlingen auskennt, ist der Anwalt Andreas Schweitzer. Er habe täglich mit solchen Menschen zu tun, das geplante Projekt bezeichnet er als "Desaster". Der Anwalt betont, dass es sich hier um geistig abnorme Rechtsbrecher handelt, die unter einem psychotischen Schub schwerwiegende Straftaten begangen haben.

Unter ihnen würden sich Sexualstraftäter, Täter unter Drogeneinfluss und Schizophrene befinden. Diese könne man nicht in ein Wohnviertel, in dem auch Familien mit Kindern leben, hineinsetzen, sagt Schweitzer.

Auch Schweitzer geht davon aus, dass es nicht lange dauern werde, bis durch das geplante Projekt eine Straftat passiert. Er sei bereits seit vielen Jahren Strafverteidiger und kenne solche Leute. Der Juristen zufolge seien diese Männer "nicht kontrollierbar". Daher sei er strikt gegen diese Unterbringung am Friedrichshof. Die Verantwortlichen lädt Schweitzer zu einem Besuch auf seiner Arbeit ein, damit sich diese besser über das Thema informieren können.

Kein Spritzer und Bier für Bewohner

Um wieder an die Arbeitswelt herangeführt zu werden, sollen die Häftlinge in dem Hotel ein Restaurant betreiben. Die Bewohner der Siedlung können dann "für vier oder fünf Euro" Essen bei ihnen bestellen. So haben sich die beiden Bewohnerinnen einen Gastronomiebetrieb im Ort allerdings nicht vorgestellt, erzählen sie gegenüber der "Krone".

Auch dass aus dem Getränkeautomaten, der im Durchgang zum Hof steht, die alkoholischen Getränke entfernt werden müssen, stößt den Frauen sauer auf. Sie fragen sich, was es mit ihnen zu tun hätte, dass die Häftlinge keinen Alkohol trinken dürfen. Diese würden ja angeblich so gut bewacht werden, daher gäbe es keinen Grund dafür, dass die restlichen Bewohner auf Spritzer und Bier verzichten müssten, so das Urteil der Damen.

Zudem vermuten die Bewohner des Hofes, dass die größte Motivation für das Projekt Geld ist. Mit dem geschlossenen Hotel verliert die Friedrichshof-Geschäftsführung. Laut den Recherchen der Bewohner würde ein Vollzugshäftling zwischen 80 und 100.000 Euro im Jahr einbringen. Dabei geben die Bewohner allerdings zu bedenken, dass bei der Umsetzung des Vorhabens sämtliche Häuser an Wert verlieren würden.

Das sagen die Verantwortlichen

Nicht so dramatisch betrachten Friedrichshof-Geschäftsführerin Jennifer Griemann und Agora-Geschäftsführer Andreas Lef die Situation. Griemann zufolge solle psychisch kranken Menschen durch das Projekt eine "zweite Chance" gegeben werden. Laut Lef hätten die betroffenen Straftäter nur "kleinere Delikte wie Diebstahl oder Widerstand" begangen und seien "medizinisch stabil". Sie würden rund um die Uhr betreut werden und hätten "mehr Angst vor der Gesellschaft als umgekehrt".

Eine endgültige Entscheidung, ob die 30 Häftlinge ab dem 1. Oktober in das Hotel einziehen, dürfte noch nicht gefallen sein. Wie die "Krone" berichtet, müsse die Generalversammlung der Genossenschaft dem Projekt noch grünes Licht erteilen.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 02.08.2025, 21:53, 02.08.2025, 21:45
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