Im März 2023 flog ich mit einer Freundin nach Marsa Alam, um Abstand zu gewinnen. Ich war frisch getrennt nach 16 Jahren Beziehung. Liebe? Beziehung? Auf gar keinen Fall. Ich wollte einfach nur Sonne, Ruhe, Meer.
Eines Abends waren wir im Restaurant unseres Resorts. Dort arbeitete Taha als Kellner. Er sprach mich an und fragte nach meiner Nummer. Ich sagte Nein. Nicht weil er mir nicht gefiel, sondern weil ich keine Kraft hatte, mich auf etwas Neues einzulassen. Er ließ aber nicht locker. Er fragte sogar meine Freundin, warum ich so zickig sei. Er fragte jeden Tag. Zwei Tage später gab ich dann nach. Er gefiel mir: sein Lächeln, sein Blick, seine Ausstrahlung. Ich dachte mir: Ein Treffen kann ja nicht schaden.
Wir trafen uns dann zweimal. Und trotz der Sprachbarriere führten wir intensive Gespräche auf Englisch. Beim zweiten Date saßen wir am Strand außerhalb des Resorts – im Resort selbst ist es ihm als Mitarbeiter nicht erlaubt. Sorgen hatte ich keine, ich fühlte mich sehr sicher. Wir saßen einfach nur nebeneinander und redeten. Ich mochte seine Art. Irgendetwas an ihm fühlte sich vertraut an. Da war diese Verbindung, die ich nicht erklären konnte. Ja, sein Alter war ein Thema – er könnte theoretisch mein Sohn sein. Aber es fühlte sich dennoch richtig an.
Als ich abreiste, dachte ich: Das war es jetzt. Doch es kam anders. Jeden Tag schrieben wir, jeden Abend telefonierten wir. Es fühlte sich gut an. Richtig. Nur vier Wochen später war ich wieder bei ihm.
Alle Vorurteile und Klischees schwirrten natürlich in meinem Kopf, auch in Gesprächen mit Freunden. Vielleicht bin ich deshalb zurückgeflogen – um zu spüren, ob das zwischen uns echt ist. Ich blieb eine Woche. Wir machten Ausflüge, ich lernte seine Familie kennen. Sie nahmen mich herzlich auf. Ich wusste, alles war echt. Als ich zurück in die Schweiz musste, brach es mir das Herz. Ich vermisste ihn schmerzlich.
Er zeigte mir eine Form von Liebe, die ich nie zuvor erlebt hatte: gefühlvoll, zärtlich, ehrlich. Es folgten anderthalb Jahre Fernbeziehung. Und im April 2024 traf ich eine Entscheidung: Ich wandere aus. Ich kündigte meine Wohnung, meinen Job, mein Leben in der Schweiz – für ihn. Es war keine schwere Entscheidung. Für mich war klar: Ich gehöre zu ihm.
Mein Umfeld war überrascht. Manche waren schockiert, manche enttäuscht. Einige Freundschaften zerbrachen. Ich wurde belächelt, als naiv abgestempelt. Doch drei Wochen vor meiner Ankunft begann er, ein Haus für uns zu bauen. Unser Zuhause. Unser gemeinsamer Traum: ein kleines Haus mit dazugehörigen Ferienwohnungen, die wir vermieten.
Seitdem sind wir jeden Tag zusammen. Und es fühlt sich immer noch richtig an. Ich fühle mich verstanden, geliebt, angekommen. So etwas hatte ich nie zuvor erlebt. Und ich dachte lange, dass es so etwas gar nicht gibt.
Zunächst hatten wir einen Verlobtenschein, ich sagte ihm aber bald: Ich will nicht nur den Vertrag, ich will es wirklich. Für mich, für meine Sicherheit, für uns. Es war nicht romantisch – viel Papierkram, viele Hürden. In Ägypten läuft alles ein bisschen anders, aber was zählt, ist das Ergebnis: Wir haben es gemeinsam geschafft. Seit Februar sind wir verheiratet und leben unser gemeinsames Leben. Und wir sind glücklich. Ich bereue nichts, ich bin angekommen. Zu Hause – bei ihm.