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Österreich oder die Schweiz – Wer kann Corona besser?

Anders als Österreich verzichtete die Schweiz auf einen harten Lockdown. Wie kommen die beiden Alpenländer bis jetzt durch die zweite Corona-Welle?

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Österreich oder die Schweiz: Wer hat bei den Corona-Regeln auf das richtige Pferd gesetzt?
Österreich oder die Schweiz: Wer hat bei den Corona-Regeln auf das richtige Pferd gesetzt?
Reuters

Wie zahlreiche Länder in Europa war auch Österreich seit dem 17. November in einem Lockdown. Am kommenden Montag nun dürfen Handel und Schulen wieder öffnen, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch bekannt gab. Die Restaurants und Hotels bleiben aber noch bis am 7. Jänner geschlossen, Skifahren wird am 24. Dezember erst für einheimische Ausflügler möglich sein. Ausgangsbeschränkungen bestehen zwischen 20 Uhr und 6 Uhr.

Im Gegensatz dazu setzt die Schweiz auf regionale Teil-Lockdowns und mehr Eigenverantwortung: "Der schweizerische Weg ist im Vergleich mit Europa ein Sonderfall", stellte auch der Basler Kantonsarzt Thomas Steffen kürzlich fest. Das Nachrichtenportal "20 Minuten" zeigt in einer Analyse, wie sich die unterschiedlichen Strategien von Gesundheitsminister Alain Berset und Kanzler Sebastian Kurz auf die Wirtschaft und die Todeszahlen auswirken – und wer die besseren Aussichten hat.

Todesfälle

Österreich kam in der ersten Welle glimpflicher davon als die Schweiz. Die zweite Welle hat Österreich mit leichter Verzögerung ebenfalls voll erfasst. Zuletzt wurden 796 Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner gezählt, in der Schweiz waren es 656. Über 4.400 Menschen müssen in Österreich wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden, 691 davon auf Intensivstationen. In der Schweiz lagen, Stand Mittwoch, 2.933 Covid-Patienten im Spital, 494 Personen auf der Intensivstation.

Beide Länder verzeichneten in den letzten Wochen eine deutliche Übersterblichkeit. Hier steht Österreich derzeit etwas besser da: Während die Schweiz, die noch leicht weniger Einwohner als Österreich hat, seit dem 1. September in absoluten Zahlen 2.813 Corona-Tote zählte, waren es in Österreich 2.463.

Wirtschaft

Wirtschaftlich sieht es in der Schweiz klar freundlicher aus. Beim Lockdown im März brach die Schweizer Wirtschaft in einzelnen Wochen um bis zu 10 Prozent ein, ab Juni erholte sie sich aber zügig. In der zweiten Welle blieb ein Einbruch wie im Frühjahr aus. So lag die wirtschaftliche Aktivität von Anfang bis Mitte November knapp 2 Prozent unter dem Vorjahr.

Dagegen ist die österreichische Wirtschaft nach dem Teil-Lockdown am 2. November und dem Lockdown Mitte November eingebrochen, wenn auch weniger stark als im Frühjahr. Schon in der ersten Woche des Lockdown ging die Wirtschaftsleistung um geschätzte 8,5 Prozent zurück.

In den nächsten Wochen rechnet die Österreichische Nationalbank mit einer BIP-Lücke von über 10 Prozent.

Für das ganze Jahr hat ebenfalls die Schweiz die Nase vorn: Die letzten Prognosen des Bundes rechnen mit einem BIP-Rückgang von knapp 4 Prozent im laufenden Jahr. Die EU rechnet in Österreich für 2020 mit einem BIP-Rückgang von gut 7 Prozent.

Ausblick

Prognosen über die weitere Entwicklung sind schwierig. Klar ist: Auch wenn die Schweizer Regierung punktuelle Verschärfungen plant, bleiben die Corona-Maßnahmen in Österreich in den kommenden Wochen deutlich strenger. Neben den Teil-Schließungen wird hierzulande vor Weihnachten auch eine 10-tägige Quarantäne für Einreisende aus Risikogebieten eingeführt. Ab Freitag starten zudem die Corona-Massentests. Die Regierung hofft, dass sich mehrere Millionen Menschen beteiligen, um die Infektionsketten zu unterbrechen.

Ähnlich sind die Impfstrategien der beiden Länder. Die Schweiz soll die ersten Impfdosen Ende Jänner erhalten und hat bei den aussichtsreichsten Herstellern mehrere Millionen Dosen reserviert. Auch Österreich will im Jänner mit den Impfungen in Altersheimen beginnen und hat Vorverträge über 16,5 Millionen Dosen abgeschlossen. Bundeskanzler Sebastian Kurz schätzt, dass man "im Sommer wieder zur Normalität zurückkehren" könne. Das ist auch das Ziel des Schweizer Bundesrates.

Das denken Experten

Für Olivia Keiser, Epidemiologin der Universität Genf und Mitglied der wissenschaftlichen Covid-Taskforce, ist Österreich kein Vorbild. Die Schweiz solle sich stattdessen lieber an Deutschland orientieren.

"Dort ist es mit gezielten Maßnahmen gelungen, die Fallzahlen und Todesfälle auf deutlich tieferem Niveau zu halten. Österreich und bestimmte Schweizer Kantone haben hingegen sehr spät reagiert."

In vielen Kantonen seien die Fallzahlen, aber auch die Positivitätsrate erschreckend hoch gewesen. Die harten Maßnahmen der Westschweizer Kantone hätten deren Zahlen deutlich gesenkt, sagt Keiser.

"Jetzt wird sich zeigen, ob die Maßnahmen der Deutschschweiz tatsächlich ausgereicht haben, um die Fallzahlen nachhaltig zu senken." Der Blick nach Österreich lohne sich für die Schweiz für die geplanten Massentests: "Es wird interessant zu sehen sein, ob diese Strategie funktioniert."

Auch Jan-Egbert Sturm, Direktor der ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF, sagt, die Schweiz sei noch nicht über den Berg, neben der Wirtschaft müssten auch die Todesfälle berücksichtigt werden. "Für ein Urteil, welche Strategie besser ist, ist es aus akademischer Sicht noch zu früh."

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