Das 2022 gegründete Fairness-Büro in Norbert Totschnigs Landwirtschaftsministerium ist für Bauern und Lebensmittelproduzenten eine erste Anlaufstelle, um unfaire Handelspraktiken zu melden. Geboten wird anonyme und kostenlose Beratung. Daraufhin werden die Fälle analysiert, um Lösungen zu finden und gegebenenfalls auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern.
Das scheint sich langsam herumzusprechen: Mit über 800 Beschwerden gab es 2024 einen neuen Höchststand. Minister Totschnig sieht darin die große Macht der Handelsketten gegenüber kleineren Produzenten bestätigt. "Um ein Ausnutzen von Machtpositionen zu verhindern, müssen wir kontinuierlich handeln. Denn viele Produzenten fürchten, ihren Regalplatz zu verlieren und sehen sich gezwungen, unfaire Bedingungen zu akzeptieren, weil ihnen Alternativen fehlen."
Es sei ein "Kampf mit ungleichen Waffen", dass 100.000 bäuerliche Betriebe und Verarbeiter nur drei großen Handelsketten gegenüberstehen, die 90 Prozent des Lebensmittelmarktes beherrschen.
Im Tätigkeitsbericht des Fairness-Büros finden sich auch einige Beispiele – die aber völlig anonymisiert sind. Demnach verweigern Handelsketten Traditions-Familienbetrieben trotz der steigenden Personal- und Energiekosten eine Preisanpassung für ihre Produkte.
Konkret gibt es einen dokumentierten Fall, in dem eine Handelskette den Regalpreis für ein Produkt um rund 30 Prozent erhöht hat. Der Produzent erhielt gleichzeitig aber um zwei Prozent weniger (!) für seine Ware. Sinken dann die Rohstoffpreise wieder etwas, werde das benutzt, um die Einkaufspreise weiter zu drücken.
Geschildert wurden darüber hinaus "aufgezwungene Drittdienstleistungen": Produzenten werden von Handelsketten gezwungen, bestimmte Zahlungs- und Logistikdienstleister zu nutzen und diese zu bezahlen. Die Preisgestaltung dieser Drittdienstleister sei noch dazu unverhältnismäßig hoch und intransparent.
"Der Bericht des Fairness-Büros zeigt nicht nur unfaire Handelspraktiken, sondern auch ein zunehmendes Bewusstsein für Fairness entlang der Wertschöpfungskette. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden wir aktiv das Gespräch mit den Handelsketten suchen, um auf Augenhöhe gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Unsere Hand ist ausgestreckt", so der Bundesminister.