Die Zahl der Personen, die eine Erstberatung in einer Schuldenberatung in Anspruch nahmen, ist 2024 um 6,8 Prozent angestiegen. Das ist der höchste Wert seit 2009. 16.621 Personen haben österreichweit im Vorjahr eine Erstberatung in Anspruch genommen.
Auch die Zahl der insgesamt von den Schuldenberatungen unterstützten Personen ist 2024 weiter gestiegen. 61.599 Personen waren es im Vorjahr, das sind um 1,8 Prozent mehr als im Jahr davor - der höchste Wert seit 2018.
Viele der Klienten der Schuldenberatungen müssen mit sehr niedrigen Einkommen auskommen. "Die Situation verschärft sich: Der Anteil jener Personen, die höchstens das Existenzminimum zur Verfügung haben, ist in den vergangenen 2 Jahren um zehn Prozent gestiegen", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH.
Bei 36,2 Prozent aller Personen, die 2024 zum ersten Mal eine staatlich anerkannte Schuldenberatung in Anspruch nahmen, lag das Einkommen maximal am Existenzminimum (2023 waren es 33,7 Prozent, 2022 waren es 26,3 Prozent). Zur Orientierung: 2024 lag der Grundbetrag des nicht pfändbaren Existenzminimums bei 1.217 Euro. "Eine Summe, mit der angesichts der Teuerungen kaum noch auszukommen ist", so Mitterlehner.
Bei der Erstberatung wird erhoben, was Personen in die Überschuldung gebracht hat, dabei sind Mehrfachnennungen möglich. Arbeitslosigkeit und Einkommensverschlechterung sind seit jeher der häufigste Überschuldungsgrund. Auffällig ist der starke Anstieg jener Personen, die diesen Grund nannten: 36,9 Prozent gaben dies 2024 an, 2023 waren es 31,7 Prozent. In Verbindung damit steht, dass auch der Anteil der arbeitslosen Klienten in der Schuldenberatung gestiegen ist: 2024 waren es 34,7 Prozent, im Jahr davor 32,7 Prozent.
Zweithäufigster Überschuldungsgrund ist mit 21,5 Prozent der Umgang mit Geld, der in Zusammenhang mit mangelnder Finanzbildung zu sehen ist. An dritter Stelle folgt mit 18,4 Prozent eine ehemalige Selbstständigkeit. Hier offenbaren sich deutliche Unterschiede: 21,8 Prozent der Männer gaben dies an, jedoch nur 13,4 Prozent der Frauen. Umgekehrt sind Frauen deutlich häufiger betroffen von den Überschuldungsgründen Scheidung und Trennung (14,4 Prozent Frauen, 10,0 Prozent Männer), Persönliche Härtefälle, wie ein Unfall oder Tod von Angehörigen (14,7 Prozent Frauen, 11,4 Prozent Männer) sowie Bürgschaften und Mithaftungen (7,4 Prozent Frauen, 2,0 Prozent Männer).
Seit 2021 gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich innerhalb von 3 Jahren zu entschulden. Für Privatpersonen ist diese Option jedoch bis Juli 2026 befristet. Danach gilt für sie wieder die 5-jährige Verfahrensdauer, während für Unternehmer*innen die Möglichkeit für eine 3-jährige Entschuldung bestehen bleibt.
"Damit läge eine grobe Ungleichbehandlung vor", merkt Clemens Mitterlehner an. "Wenn etwa eine Frau für den Kredit ihres selbstständigen insolventen Partners gebürgt hat, könnte sich dieser innerhalb von 3 Jahren entschulden, während die Frau 5 Jahre zurückzahlen müsste. Frauen sind ohnehin schon mit unzähligen und nicht zu rechtfertigenden Nachteilen in der Erwerbsbiografie belastet. Eine um 2 Jahre längere Entschuldung würde dies weiter verstärken. Die Schuldenberatungen fordern eindringlich, dass eine 3-jährige Entschuldungsdauer für alle bestehen bleiben muss. Wir hoffen sehr, dass sich die neue Bundesregierung dieses Themas annimmt."