Ein Sonntagabend (20. April), der für zwei Kinder in Wien mit Angst endete: Im Helmut-Zilk-Park in Favoriten wurden ein zwölfjähriger und ein vierzehnjähriger Bub laut Polizeiangaben von vier Jugendlichen bedroht. Im Zuge eines Streits sollen dabei eine Eisenstange und ein Messer zum Vorschein gekommen sein.
Die beiden flüchteten, versteckten sich in der Nähe und wählten den Notruf. Als die Einsatzkräfte am Ort des Geschehens eintrafen, stellten sie einen Metall-Besenstiel sicher. Die Verdächtigen konnten bislang nicht ausgeforscht werden, die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.
Der Vorfall reiht sich in eine Entwicklung ein, die auch im Innenministerium Sorgen bereitet. Laut Kriminalstatistik ist die Zahl der angezeigten Straftaten durch Jugendliche im vergangenen Jahr stark gestiegen. Besonders bei Körperverletzungen, Raubdelikten und Drohungen gab es einen auffälligen Zuwachs.
Innenminister Gerhard Karner sprach bei der Präsentation der aktuellen Zahlen von einem "Sorgenkind". Während die Anzeigen deutlich zunehmen, bleibt die Zahl der Verurteilungen bei Jugendlichen weiterhin vergleichsweise niedrig. Vor allem in Großstädten wie Wien werden verstärkt Vorfälle in Parks und öffentlichen Räumen gemeldet.
Angesichts dieser Entwicklung schlug Karner kürzlich vor, besonders straffällige Kinder und Jugendliche künftig in geschlossenen Einrichtungen unterzubringen. Er fordert eine rechtliche Möglichkeit, um auf Fälle reagieren zu können, bei denen herkömmliche Maßnahmen nicht greifen. Der Vorschlag sorgt nun für Diskussionen.
In der Stadt Wien sieht man solche Unterbringungen als letztes Mittel. Ingrid Pöschmann von der Kinder- und Jugendhilfe betont, dass eine geschlossene Unterbringung immer einen richterlichen Beschluss und eine gesetzliche Grundlage brauche. Willkür sei ausgeschlossen, betont sie – es gehe um Kinderschutz, nicht um Strafe.
Kritik kommt auch aus der Wissenschaft. Der Kriminalsoziologe Günter Stummvoll weist darauf hin, dass harte Maßnahmen wie Freiheitsentzug bei Jugendlichen häufig das Gegenteil bewirken. Wer Kinder isoliert, verstärke oft deren Probleme, statt sie zu lösen. Besonders für das psychische und soziale Wohlbefinden seien solche Eingriffe riskant.
Auch Alfred Kohlberger vom Verein Neustart warnt vor einer zu schnellen Einführung solcher Einrichtungen. Er spricht sich für intensive Betreuung aus, die auf Beziehung und Stabilität setzt. Gefängnisähnliche Konzepte würden dem nicht gerecht, so sein Fazit. Statt Kontrolle brauche es Bindung und Begleitung.
Die Stadt Wien setzt aktuell auf alternative Strategien. Mit dem Projekt KISI, das sich an sogenannte Schwellentäter richtet, will man besonders auffällige Kinder frühzeitig auffangen. Dabei arbeiten Sozialarbeiter, Polizei und Eltern gemeinsam an konkreten Lösungen. Ziel ist es, gefährdete Kinder zu stabilisieren, bevor sie intensiver straffällig werden.
Parallel dazu gibt es eine neue Orientierungshilfe für Kinder unter 14 Jahren, die mit bisherigen Betreuungsformen nicht erreicht werden konnten. Diese Programme sollen zeigen, dass es Wege gibt, auch schwierige Jugendliche wieder in einen stabileren Alltag zurückzuführen – ohne gleich zu Freiheitsentzug zu greifen.