"Heute"-Kolumnist Niki Glattauer verabschiedet sich in den Urlaub. In seiner letzten Kolumne vor der Sommerpause erhält nicht nur Bildungsminister Christoph Wiederkehr seine Jahresnote, auch die vergebliche Vollzeit-Suche eines Lehrer-Quereinsteigers wird thematisiert.
Meine Jahresnote für den Bildungsminister. Was soll ich sagen. Vergäbe ich sie für "Tönen & Posaunen", wäre es ein römischer Einser. Leider ist aus Christoph W. ein "Ankündigungs-Minister" geworden. Die verpflichtende Sommer-Schule für Kinder ohne Deutsch? Aufgeschoben. Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr? Aufgeschoben. "Entbürokratisierungsoffensive"? Geh bitte! Immer neue Listen und Tabellen, mit denen sich Lehrerinnen herumschlagen müssen. Die gemeinsame Volksschule bis 12? Abgesagt.
Sanktionen für Mütter und Väter, die ihrer Erziehungsverpflichtung nicht nachkommen? Leere Worte. Zuletzt hat der Bildungsminister eine Verdoppelung der schulpsychologischen Betreuung verkündet. Abgesehen davon, dass von "Betreuung" keine Rede sein kann, wenn auf 1 Psychologin 3.000 statt bisher 6.000 Schüler kämen – wetten, dass die dann vielleicht auf dem Papier, aber nie in der Schule stehen. Oder der Lehrermangel: Lesen Sie bitte, wie "Job-Offensive" in der Praxis ausschaut.
Da beschreibt mir ein Quereinsteiger, Germanist, zertifiziert in Deutsch, wie er seit zwei Jahren vergeblich um eine volle Lehrverpflichtung bettelt. "Es gibt an meiner Schule nur wenige Stunden für mich. Ich habe mich daher für das kommende Schuljahr in Wien und Niederösterreich an ca. 50 Schulen beworben.
Ansuchen per Bildungsplattform, dann ein persönliches Mail an den Direktor/die Direktorin, anschließend in vielen Fällen nachtelefoniert. Das Ergebnis: vereinzelte Absagen, kein einziges Vorstellungsgespräch." Er sagt: "Wie kommt es, dass ein qualifizierter Quereinsteiger keine Stunden bekommt, obwohl ja laut Aussage des Bildungsministeriums Lehrkräfte fehlen?"
Wie wäre es, Herr Minister, Sie würden weniger aussagen und mehr dafür sorgen, dass auch passiert, was sie nonstop ankündigen? Mit dem, was Sie wollen, liegen Sie richtig. Darum kein "Fetz’n". Aber wollen reicht nicht. Darum leider nur ein sehr, sehr schwacher Dreier.
Note: Unbefriedigend
Viele Schäfchen hat die evangelische Kirche in Österreich ja leider nicht mehr. Ganz oben steht als Bischof Michael Chalupka, dem früheren langjährigen Direktor der Diakonie, aber ein ganz Großer.
In der "Krone" fand ich zum Schulschluss diese Worte von ihm: "Lehrerinnen und Lehrer säen, hegen und pflanzen. Aber die Früchte ihrer Arbeit bekommen sie meistens nicht mit. Lehrer zeigen uns neue Möglichkeiten. Sie sagen Dinge, die wir vorher nicht gewusst haben. Sie bringen uns etwas bei, was wir vorher nicht gekonnt haben. Sie lassen uns Dinge erkennen, die wir vorher nicht gesehen haben. Vor allem aber: Sie machen aus uns Menschen, die wir vorher nicht gewesen sind. Dafür können wir dankbar sein und es ihnen sagen, wohl besser schon zu Lebzeiten." Besser, finde ich, kann man es nicht ausdrücken.
Womit ich mich von meinen Leserinnen und Lesern höflich verabschiede.