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Rapid-Ikone Ivanov rauchte nackt in der Pause

Heute Redaktion
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Seit 25 Jahren knetet Masseur Wolfgang Frey die Wadeln der Rapid-Kicker. Im "Heute"-Talk erzählt das grün-weiße Urgestein von seiner Karriere.

1. Mai 1993, ÖFB-Cup-Achtelfinale. Rapid gastiert auf der Hohen Warte bei der Vienna, siegt in der Verlängerung mit 4:2. Ein besonderes Match – zumindest für einen Mann: Wolfgang Frey. Der damals 28-Jährige ist bei den Hütteldorfern zum ersten Mal als Masseur im Einsatz. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub.

"Ein Freund hat mich während meiner Studienzeit zur Vienna gebracht. Eigentlich zum Reserve-Team. Aber nach einem halben Jahr war ich alleine für die Erste verantwortlich", erinnert sich Frey im "Heute"-Gespräch. Zeit für die Medizin-Uni blieb nicht mehr. Rund sechs Jahre verbrachte er bei den Döblingern. Ehe er von Rapid abgeworben wurde. "Ich habe einfach ja gesagt. Wir haben nicht mal übers Geld gesprochen", lacht der Kult-Masseur.

25 Jahre später knetet Frey noch immer die Wadeln der grün-weißen Kicker durch. Mehr noch: Für die einen ist er eine Art Ersatzpapa, für die anderen Hobby-Psychologe. Für viele aber einfach ein guter Freund.

Grund genug, den längstdienenden Rapid-Angestellten vor den Vorhang zu holen.

"Heute": Herr Frey, ist Rapid-Masseur Ihr Traumberuf?

Wolfgang Frey: "Eigentlich schon. Es ist ein Job, der nie langweilig wird. Jeden Tag erlebt man etwas. Und wo hat man sonst diese Emotionen? Drei Tage sind alle traurig, plötzlich jubelt wieder jeder."

Können Sie sich noch an Ihren ersten Spieler auf der grün-weißen Massagebank erinnern?

"Ja, das war Gerhard Rodax. Er war damals einer der Dauerpatienten – neben Fjörtoft, Brauneder und Konsel."

Sie sind seit 1993 beim Klub. Wie hat sich der Job verändert?

"Im Groben blieb das Massieren gleich. Geändert haben sich vor allem die Aufgabengebiete. Früher musste ich alles selbst machen. Alle Therapien, Obst einkaufen und so weiter. Jetzt sind wir mit den zwei Physios zu viert, es teilt sich mehr auf. Tapes klebe zum Beispiel ich. Ich habe sicher schon die Strecke von Wien nach Salzburg vertaped. Mit Wolfgang "Bertl" Skalsky habe ich im Massage-Team seit 21 Jahren einen super Partner an meiner Seite. Dafür bin ich sehr dankbar."

Wie läuft das Massieren ab? Kommt jeder dran?

"Das ist trainerabhängig. Manche bestehen auf eine Massage-Pflicht, aktuell ist das aber nicht der Fall. Es ist Ansichtssache. Früher war es so: Zwei Stunden vor dem Match wurde begonnen. Der Michi Konsel war da ganz genau. Wenn wir auf der Autobahn im Stau gestanden sind, musste ich ihn eben im Bus massieren. Das hat passen müssen. Damals mussten alle Spieler vor dem Match massiert werden. Das war 'Runterplatteln' in Akkord-Arbeit. Pro Spieler hatte ich acht Minuten. Heute wird es kaum noch so gemacht."

Wie haben sich die Körper der Fußballer verändert?

"Früher hatten sie weniger Kraft. Es wurden Dinge gemacht, die heute nicht mehr angewendet werden. Die ganzen Medizinball-Geschichten zum Beispiel, Stiegen rauf und runter laufen. Es wurde viel trainiert, vieles war aber unnötig. Heute wird jeder Schritt überwacht. Vor 20 Jahren konnte ein Spieler noch schwammiger sein, weil das Tempo nicht so hoch war. Heute sind sie selbst in den Unterligen gut beinander."

Welcher Kicker hatte in all den 25 Jahren die größten Muskelberge?

"Von der Masse her Alfred Jermanis, ein Slowene. Der hatte extreme Oberschenkel. Vom aktuellen Kader ist Stefan Schwab sehr stark. Er geht aber nicht gerne massieren."

Ist er da ein Einzelfall?

"Nein, das gibt es immer wieder. Einigen ist es einfach unangenehm. Ladi Maier hat immer gesagt: Wozu Massage, hab ich Bier."

Trifon Ivanov hat hingegen auf Zigaretten gesetzt, oder?

"Auf der Massagebank waren sie aber verboten. Dafür hat er sich in den Matchpausen meist nackt ausgezogen und hat sich eine angeraucht. Das war seine Angewohnheit. Darum ist er auch immer so spät zurück aufs Feld gekommen. Die Zeiten sind ohnehin nicht mit heute zu vergleichen. Wenn wir im Bus zu Auswärtsreisen gefahren sind, herrschte strenges Rauchverbot. Auf der Rückfahrt war es dann erlaubt – da hat es genebelt, unvorstellbar. Damals ist ja auch noch auf der Bank geraucht worden. Dokupil rechts, Zeugwart Johnny und ich links. Dazwischen saßen die Spieler."

Sie kommen den Spielern sehr nahe, erfahren wohl viele Geheimnisse. Wie gehen Sie damit um?

"Das ist kein Problem für mich, das ist Teil des Jobs. Es hat sich aber in den letzten Jahren ein bisschen verändert. Es sind im Vergleich zu meinen Anfangszeiten viel mehr Leute anwesend, dadurch hat man weniger Ruhe – und man kommt weniger zum Reden. Außerdem besteht ein Kader aus 30 Spielern, früher waren es vielleicht 18. Vertrauensverhältnisse bauen sich zwar noch immer auf, aber nicht mehr so extrem wie früher. Sicher auch eine Folge von Social Media. Für viele bin ich aber sicher eine Art Ersatzpapa. Sie wissen meine Erfahrung zu schätzen. Und sie wissen, dass ich keine Eigeninteressen verfolge. Mein Schicksal hängt nicht unbedingt von Sieg oder Niederlage ab."



Entstanden Freundschaften?

"Viele. Mit der Partie Barisic, Kühbauer, Mandreko habe ich mich super verstanden. Auch mit Schöttel und Michi Hatz. Da sind noch immer Kontakte da. Oder Kurt Russ aus meinen Vienna-Zeiten. Ich kenne die Frauen und Kinder, da sind echte Freundschaften entstanden. Natürlich auch mit Steffen Hofmann. Wenn man alle Massagezeiten zusammenrechnet, war er zwei Monate durchgehend bei mir. Ich kenne jede seiner Fasern auswendig."

Ein anderer Hofmann, nämlich Max, fällt mit Muskelfaserriss aus. Überlegen Sie bei solchen Verletzungen, ob Sie als Masseur was falsch gemacht haben?

"Ich kann nur Fehler machen, wenn der Spieler vorher Probleme hatte, sie aber nicht weitergibt. Falsch massieren geht nicht wirklich. Manche Kicker gehen auch einfach über die Schmerzen drüber. Wie Peter Stöger im Champions-League-Jahr. Er hatte Adduktoren-Probleme, wollte aber trotzdem spielen. Er hat gemeint: Wenn was reißt, reißt eben was."

Was ist Ihr Highlight aus den letzten 25 Jahren?

Der Aufstieg gegen Sporting Lissabon 1995. Wir waren froh, auswärts nur zwei und nicht zehn Tore bekommen zu haben. Daheim haben wir es dann gedreht. Damit hat wirklich niemand gerechnet. Der ganze Weg ins Europacup-Finale war genial. Das Duell mit Feyenoord zum Beispiel. Ihr Trainer Arie Haan hat uns gegen Ried beobachtet. Wir haben mit 1:2 verloren, er ging zur Halbzeit. Seinen Spielern hat er berichtet, dass sie uns auch mit Badeschlapfen besiegen. Das hat mir Gaston Taument erzählt, der damals bei ihnen war und später zu uns gekommen ist."