Die Äußerung vom deutschen Kanzler Friedrich Merz (CDU), wonach Israel im Iran für Deutschland und andere die "Drecksarbeit" mache, hat für scharfe Kritik gesorgt. "Wenn Menschen getötet werden, nennt Merz das Drecksarbeit", sagte Linken-Chef Jan van Aken am Mittwoch der "Süddeutschen Zeitung". "Damit verhöhnt er die Opfer von Krieg und Gewalt."
Kritik kam auch vom sozialdemokratischen Regierungspartner. "Mehr als befremdlich" nannte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner im "Spiegel" Merz' Äußerungen. "Mit einer solchen Diktion suggeriert Herr Merz selbst, dass die militärische Attacke Netanjahus gegen den Iran mutmaßlich völkerrechtswidrig war".
Die Lage im Nahen Osten sei "hochsensibel und brandgefährlich", betonte gegenüber dem Portal t-online SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller. "Gerade in einer solchen Situation braucht es von allen politisch Verantwortlichen diplomatisches Fingerspitzengefühl in der öffentlichen Kommunikation." Möller forderte alle politisch Verantwortlichen auf, zur Deeskalation beizutragen.
Die SPD-Außenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur rügte ebenfalls Merz. "‹Drecksarbeit› ist kein Begriff, den ich in diesem Zusammenhang nennen möchte", sagte sie t-online. "Sowohl im Iran als auch in Israel sterben Zivilisten. Frauen, Kinder, junge und alte Menschen, die diesen Krieg nicht verantworten."
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht warf Merz im Onlinedienst X "eine unfassbare Doppelmoral und Heuchelei" vor. "Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Israels auf den Iran, bei dem auch Ministerien und Zivilisten bombardiert werden und der die ganze Region in Brand stecken könnte, ist für Kanzler Merz ‹Drecksarbeit für uns alle›."
Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion für den Nahen Osten und Iran, Luise Amtsberg, kritisierte sowohl die Wortwahl als auch den Inhalt seiner Aussage. Sie sagte: "Statt zynischer und ignoranter Kommentierungen durch den Bundeskanzler erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie in dieser angespannten Lage alles unternimmt, um zu deeskalieren."
Zwar überwiegt die Kritik an Merz' Aussagen, doch es werden auch positive Stimmen laut. Christian Tretbar, Chefredakteur des Tagesspiegels, schreibt: "Sehr unverblümte, undiplomatische Worte für einen Kanzler, zumal einen deutschen. Aber es sind die richtigen Worte."
Zwar sollen keine Zivilisten zu Schaden kommen und Regierungsumstürze auf diese Art führen selten zu neuer Stabilität, so Tretbar, dennoch meint er: "Israel geht mit voller Härte gegen ein Regime vor, das von Europa, auch den USA und anderen demokratischen Staaten viel zu lange nicht ernsthaft infrage gestellt wurde."
"Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle", hatte Merz am Dienstag am Rande des G7-Gipfels in Kanada dem ZDF gesagt. "Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen."
Israel hatte am Freitag einen Großangriff auf den Iran gestartet, Atomanlagen und militärische Einrichtungen des Landes bombardiert und zahlreiche führende Kommandeure des iranischen Militärs getötet. Der Iran reagierte mit Drohnen- und Raketenangriffen auf die Städte in Israel. Sein militärisches Vorgehen begründet Israel mit dem weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm.
Ein Regierungssprecher sagte am Mittwoch zu der Kritik an der Äußerung, Merz habe immer wieder betont, dass das iranische Atomprogramm nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern für die gesamte Region oder gar die gesamte Welt sei. Gleichzeitig habe der Kanzler deutlich gemacht, dass Deutschland bereit sei, wieder diplomatische Möglichkeiten zur Beilegung des Konflikts zu prüfen und sich an derartigen Initiativen zu beteiligen.