Wohnhaus wurde nicht saniert

"Schmerzen überall" – 24 Jahre in Schimmel-Wohnung

Jahrelang kämpfte Anita Reitterer um die Verbesserung ihrer desolaten Wohnsituation. Dann wurde die Miete erhöht. Das zwang sie zu einer Entscheidung.
Aram Ghadimi
05.03.2025, 05:45

"Wenn jetzt kein Handwerker kommt, dann zahle ich keine Miete mehr", sagte sich Anita Reitterer, bevor sie sich entschließt, nach 24 Jahren aus ihrer Wohnung in St. Pölten auszuziehen.

"Ich hatte solche Schmerzen am ganzen Körper, ich musste etwas tun", erzählt die 51-Jährige. Müde und abgekämpft, wandte sie sich an "Heute", um auf die Missstände in der Herzogenburgerstraße 19a aufmerksam zu machen.

Metergroße Wasserflecken an der Wand

"Ich hab geglaubt, die Katzen machen mir ins Bett, so feucht war es", sagt Reitterer. Und sie hat eine ganze Menge Bilder, die das beweisen (siehe unten). Darauf zu sehen sind die Außenwände des Hauses und die Wände der Wohnung, die feucht sind bis an die Decke und tiefschwarze Schimmelflecken haben.

"Bei jedem Regen blieben die Wände eine Woche lang feucht. Es gab bei uns weder eine Wärmedämmung, noch eine Isolierung. Meine Wohnung hatte auch noch drei ungeschützte Seiten und das Wohnzimmer Richtung Norden."

Privatisierung von Immobilien der Stadt

Als Reitterer kurz nach der Jahrtausendwende einzog, war die Herzogenburgerstraße 19a eine Gemeindewohnung im Besitz der Stadt St. Pölten und leistbar für 52 Quadratmeter in Bahnhofsnähe. 2006, rund fünf Jahre später, privatisierte die Stadt St. Pölten 119 ihrer Objekte.

„Die Mieten wurden im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erhöht. Eine andere Erhöhung ist leider nicht möglich.“
Hanna HuttererFacility Management, Immo St. Pölten

Für 34 Millionen Euro wurden diese an die damals frisch gegründete Immobilien St. Pölten GesmbH & Co KG (Immo St. Pölten) verkauft. "Dass die Ausgliederung einiger Aufgabenbereiche der Stadt in privatwirtschaftliche Gesellschaften der richtige Weg ist, zeichnet sich am Erfolg der städtischen Immobiliengesellschaft ab", schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Der Eintrag dürfte aus dem Jahr 2007 stammen.

"In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich für uns nichts verbessert", kommentiert das Reitterer entrüstet und fügt an: "2001 habe ich meinen Mietvertrag, ursprünglich für eine günstige Gemeindewohnung, unterzeichnet. Ich kämpfte gegen das Wasser, bis ich nicht mehr konnte."

Miete erhöht, Sanierung blieb aus

Reitterer sah, wie ihre Nachbarn im Erdgeschoss die Möbel entsorgen mussten. Auch sie selbst habe regelmäßig Möbel austauschen müssen.

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"Immer mehr Schimmel, überall. Zuletzt fiel auch noch öfter die Zentralheizung aus. Ich hatte mir deswegen schon einen Holzofen eingebaut und saß am Ende nur noch einen Meter vom Ofen entfernt, in meiner eiskalten, feuchten Wohnung."

Dann sei auch noch die Miete erhöht worden, sagt Reitterer und verweist auf ein Schreiben der Immo St. Pölten aus dem Jahr 2022, das der Tageszeitung "Heute" vorliegt.

Im Dezember 2022 informierte die Immo St. Pölten über die geplante Erhöhung der Mieten.
privat

Darin informiert die Immo St. Pölten über eine Erhöhung des Hauptmietzinses um 132,80 Euro "voraussichtlich ab Herbst 2024" für das Projekt "Sanierung Herzogenburgerstraße 19" und rechnet eine Gesamtmiete von 675,33 Euro nach der geplanten Generalsanierung aus.

Reitterer erklärte sich einverstanden, unterschrieb den Brief am 27. Dezember 2022. "Mitten im Lockdown wurde uns gesagt, dass sich unsere Miete erhöht. Ich zahlte zuletzt 690 Euro warm, über 200 Euro mehr, während ich in meiner kalten Wohnung saß", sagt Reitterer wütend.

"Heute" fragte bei der Immo St. Pölten nach und konfrontierte das Unternehmen mit allen Vorwürfen von Reitterer. Der einzige Kommentar aus dem Unternehmen:

"Die Objekte Herzogenburger Straße und Emhart Straße werden im Jahr 2025 generalsaniert. Voraussichtlicher Beginn ist für Frühjahr 2025 geplant. Die Ausschreibungen dafür laufen aktuell. Für diese Maßnahmen gibt es eine hundertprozentige Zustimmung zur Sanierung, aufgrund dieser werden die Mieten nicht über den aktuellen Richtwertmietzins erhöht. Die Mieten wurden im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erhöht. Eine andere Erhöhung ist leider nicht möglich."

Es blieb nur ein Ausweg

Wenn Reitterer heute an ihrem alten Haus vorbeigeht, ist sie froh, nicht mehr dort zu wohnen. Noch immer sind die Außenwände feucht. Wasserspuren zeichnen das gesamte Gebäude, teilweise wächst grünes Moos das Mauerwerk hoch.

Vor wenigen Wochen hat Reitterer, die seit 50 Jahren in der Gegend lebte, das alles hinter sich gelassen und zog aus: "Meine Möbel konnte ich nicht mitnehmen, sie waren vom Schimmel zerfressen."

Ihr wäre lieb gewesen, sagt sie, wenn ihr jemand in all den Jahren eine vernünftige Antwort gegeben hätte. Langsam erhole sie sich in ihrer neuen Wohnung: "Keine feuchte Bettdecke mehr. Nie mehr diese Kälte."

{title && {title} } agh, {title && {title} } 05.03.2025, 05:45
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