Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas Israel grausam angegriffen. Es folgte der Krieg in Gaza, mit großflächigen Bombardierungen und Bodenoffensiven.
2,2 Millionen Menschen leben in dem Streifen an der Küste, der eine Fläche von 45 Quadratkilometer beträgt. Rund die Hälfte der Bewohner sind Kinder – sie leiden besonders unter den Folgen des Krieges.
Sie haben ihr Zuhause verloren, mussten fliehen. Während in anderen Ländern Kinder und Jugendliche die Schulbank drücken oder sich in den Sommerferien befinden, heißt es im Gazastreifen: Schlange stehen und auf Hilfslieferungen warten. "Ein Fladenbrot, gebacken auf offenem Feuer – für viele Familien ist das einzige, was sie seit Wochen essen. Wenn es Mehl gibt. Wenn es Feuerholz gibt. Doch oft gibt es nichts", schildert unicef in einem kürzlich erschienen Artikel die Lage.
Fehlendes Trinkwasser, wenig Nahrung, kein Dach über den Kopf, Krankheiten und zu erleben, wie die eigenen Eltern im Krieg sterben, sind aber nur ein Teil der Gewalt, die die Kinder und Jugendlichen im Gazastreifen täglich zu spüren bekommen.
Denn von Seiten Israels soll sich die Gewalt auch direkt auf die Kleinsten richten, jene, die nichts mit dem Krieg zu tun haben. Schon vor Wochen traten erste Vermutungen und Berichte auf, wonach das israelische Militär gezielt auf Kinder und Jugendliche schießen soll, die sich auf dem Weg zu Hilfslieferungen befinden.
Laut Berichten würden männlichen Kindern und Jugendlichen dabei nicht nur in Beine und Bauch geschossen werden, sondern auch in den Genitalbereich. In einem Interview mit der BBC bestätigt der renommierte britische Chirurg, Nick Maynard, der ehrenamtlich im Nahen Osten im Nasser-Krankenhaus arbeitet, die Annahmen und schildert wie die Situation in Gaza ist.
Schon der Beginn des Interviews gibt einen Einblick in die Lebensumstände der Menschen, denn als Maynard seinen ersten Satz beginnt und über verschiedene Wunden sprechen will, sind Schüsse im Hintergrund zu hören.
"Wir haben viele Explosionsverletzungen gesehen, welche ständig vorkommen, aber vor allem häufen sich die Schussverletzungen", erklärte der Brite, während im Hintergrund die Schussgeräusche langsam abklingen.
"Diese Schusswunden sind sehr oft bei jungen männlichen Teenagern zu sehen, die bei den Lebensmittelausgabestellen angeschossen werden. Wir haben das in den letzten Wochen sehr oft gesehen", führte der Chirurg weiter aus. Der Zugang zur Nahrung sei zudem sehr schwierig – es gebe viel zu wenig Nahrung für die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen.
Die Schüsse, die zuvor zu hören waren, seien zudem nicht zwischen Israel und der Hamas, sondern zwischen verfeindeten Clans oder Familien, die um Nahrungsmittel kämpfen. Die Versorgungsknappheit sorge immer wieder für Chaos in der Stadt.
Auf die Verletzungen, die er täglich behandeln müsse, angesprochen, enthüllte Maynard Unvorstellbares: "Wir sehen ein besonderes Muster an Verletzungen, bei denen verschiedene Körperteile an verschiedenen Tagen gezielt verletzt werden. An einem Tag sehen wir hauptsächlich Schusswunden im Bauchbereich, an einem anderen Tag sehen wir hauptsächlich Schusswunden am Kopf, an einem anderen Tag hauptsächlich am Hals. Also es gibt hier ein klares Muster, das nicht nur ich, sondern auch alle anderen Ärzte erkennen."
Gefragt, ob es sich hier nicht nur um einen Zufall handeln könnte, antwortet der Chirurg: "Ich glaube, dass wenn wir vier junge Teenager sehen, die innerhalb einer Stunde zu uns kommen und Schusswunden an den Hoden aufweisen, dass das alles andere als ein Zufall ist."
Das israelische Militär will von diesen Umständen hingegen nichts wissen und erklärt, dass man die Vorwürfe kategorisch abstreite. Man würde Gewalt nicht auf Minderjährige richten.
Darüber hinaus erklärte der Chirurg, dass die Spitäler im Streifen durch das israelische Militär gezielt zerstört werden würden. Die Krankenhäuse würden nicht nur zerbombt werden, sondern es würden auch medizinische Geräte demontiert und zerstört werden. Hilfslieferungen würden außerdem kaum, bzw. gar nicht ankommen.
Das israelische Militär betont hingegen gegenüber NPR, dass Vorwürfe, wonach das israelische Militär medizinisches Equipment zerstöre, falsch sind. Stattdessen würde der Staat Israel kontinuierlichen Unterstützung der medizinischen Versorgung möglich machen.