Wir erzeugen mehr Textilien als je zuvor: Mehr als hundert Millionen Tonnen Textilien werden weltweit jedes Jahr produziert - mehr als doppelt so viel wie noch im Jahr 2000. Dadurch wird es immer wichtiger, alte Textilien nicht einfach zu entsorgen, sondern sie auf umweltschonende Weise wiederzuverwerten.
Besonders Textilien wie Baumwolle-Polyester-Gemische sind ein riesiges Problem für die Industrie - und für die Umwelt. Doch ein Forschungsteam der TU Wien hat jetzt eine bahnbrechende Lösung präsentiert: Mithilfe von Menthol und Benzoesäure lassen sich die Fasern sauber voneinander trennen - und fast vollständig wiederverwerten.
Das Besondere: Beide Substanzen sind bei Raumtemperatur fest, bilden aber gemeinsam eine Flüssigkeit - ein sogenanntes "Deep Eutectic Solvent". Dieses neuartige Lösungsmittel ist ungiftig, leicht herstellbar und wird auf 216 Grad erhitzt. Dann beginnt der Prozess: In nur fünf Minuten löst sich der Polyester vollständig - die Baumwolle bleibt intakt.
"Weder die Baumwolle noch der Polyester werden beschädigt", erklärt TU-Forscher Andreas Bartl. Die Baumwollfasern können sogar zu neuen Garnen versponnen werden, der Polyester behält seine ursprüngliche Struktur. Die Rückgewinnungsquote: 100 Prozent bei Baumwolle, 97 Prozent bei Polyester - ein Wert, den bisher kein Verfahren erreicht hat.
Bis jetzt wurde nur im Labor gearbeitet - doch die Wiener Forscher sehen großes Potenzial für den industriellen Einsatz. Ziel ist es, das Verfahren energieeffizienter zu machen und für die Massenanwendung zu adaptieren. Fakt ist: Was heute noch Altkleider sind, könnte dank Wiener Know-how schon bald hochwertige Textil-Rohware sein.