Der Klimawandel bringt die Alpen ins Wanken - wortwörtlich. Eine neue Studie zeigt: Am Hörnligrat, der beliebten Hauptroute zum Gipfel des Matterhorns, ist bereits vor zwei Jahren (Juni 2023) ein Felspfeiler in rund 3.500 Metern Höhe abgebrochen. Ursache: Auftauender Permafrost. Derartige Entwicklungen können laut Wissenschaftler "katastrophale Großgefahrenereignisse" auslösen.
Eine Forschungsgruppe um Samuel Weber vom SLF in Davos hat den Felssturz genau dokumentiert. Über neun Jahre hinweg wurde der Pfeiler millimetergenau vermessen, gefilmt und seismisch überwacht. Das Ergebnis: Eine schleichende, aber zunehmend beschleunigte Instabilität - ausgelöst durch Wasser, das durch den Klimawandel immer tiefer in den Fels eindringt.
Klimatischer Hintergrund: Mit steigenden Temperaturen aufgrund der Klimakrise schmilzt das Eis im Gestein, Wasser dringt ein, erwärmt den Untergrund weiter - und reduziert dabei die Reibung an der Bruchstelle um bis zu 50 Prozent. Der Fels verliert seinen Halt.
"Zeitrafferaufnahmen zeigen eine klare Beschleunigung in den zehn Tagen vor dem Abbruch", so Weber. Zeitgleich kam es im Juni 2023 zu zwei weiteren schweren Felsstürzen am Fluchthorn und am Piz de las Sterlas - klare Warnsignale für weite Teile der Schweizer Alpen.
Das knapp 4.500 Meter hohe, steil aufragende Matterhorn zählt zu den bekanntesten Bergen der Alpen und wurde offiziell 1865 dramatisch erstbestiegen. Inzwischen steigen pro Jahr 3.000 Menschen über den Hörnligrat zum Gipfel, überwiegend in den Sommermonaten. Bereits im Juli 2003 war es dort an zwei aufeinanderfolgenden Tag zu Felsstürzen gekommen.
Das SLF warnt: Besonders hoch gelegene Bergwanderwege werden durch die globale Erwärmung zunehmend gefährlich. Eine gute Tourenplanung, Wetterbeobachtung und realistische Einschätzung können Leben retten. Fakt ist: Was jahrtausendelang stabil war, beginnt jetzt zu rutschen - auch am legendären Matterhorn.
Gebirge stärker betroffen als Tiefland
Laut einer weiteren Studie sind Gebirge weltweit stärker vom Klimawandel betroffen als Tieflandgebiete, was "potenziell verheerende Folgen für Milliarden von Menschen haben kann, die in diesen Regionen leben oder von ihnen abhängig" sind.
Die internationale Studie, die in Nature Reviews Earth & Environment veröffentlicht wurde, untersuchte das Phänomen, das Wissenschaftler als "höhenabhängigen Klimawandel" bezeichnen.