Digitale Selfservice-Shops gelten vielerorts als Zukunft des Einzelhandels. Kein Personal, volle Flexibilität – ideal für moderne Stadtviertel. Doch in Wien sorgt genau so ein Projekt jetzt für Frust bei der Betreiberin. Denn was in Niederösterreich erlaubt wäre, brachte ihr wenige Meter weiter in Wien-Liesing einen Haufen Ärger ein – wir berichteten.
Seit Ende 2024 betreiben Sandra M. und ihr Sohn Dominik K. den "Kiosk 23" im 23. Bezirk – einen kleinen, feinen Selbstbedienungsladen mit regionalen Lebensmitteln, Bio-Waren und frischen Blumen. Offen täglich von 7 bis 21 Uhr – ohne eine einzige Mitarbeiterin, ohne Kassa. Zutritt gibt's via Bankomatkarte, das Konzept funktioniert rein digital.
Trotzdem hat Sandra nun eine Strafe kassiert – 250 Euro. Der Grund: Ihr Shop war sonntags geöffnet. "Mir wurde vorab vom Magistrat gesagt, das sei in Ordnung", ärgert sie sich. Heute sei das Gegenteil der Fall. Für viele Anrainer sei der Laden jedoch genau am Wochenende besonders wichtig – weil andere Nahversorger fehlen.
„In Niederösterreich geht's ja auch!“Sandra M., Inhaberin des Kiosk 23
Besonders unverständlich für Sandra: In Niederösterreich gibt es längst ähnliche Shops – dort dürfen sie am Sonntag öffnen. "Warum also nicht bei uns?", fragt sie sich. Auch Supermarktketten haben an einigen Standorten am Wochenende offen – ebenso viele türkische Supermärkte. "Man bestraft uns Kleine, während große Ketten einfach weiterverkaufen dürfen."
Das Kuriose: Ihr angrenzender Blumenladen darf sonntags offen haben – der Selbstbedienungsladen direkt daneben nicht. "Ich verkaufe ja keine Zigaretten, sondern regionale Lebensmittel, Bio-Produkte und Blumen – alles ordentlich, transparent und sicher", sagt Sandra. Was sie besonders ärgert: "Der Zutritt funktioniert nur über Bankomatkarte. Kundinnen und Kunden registrieren sich beim Betreten – und genau das ist doch bereits ein Geschäftsvorgang, genauso wie wenn man zwei Euro in einen Automaten wirft. Warum soll das rechtlich etwas anderes sein?" Für sie ist klar: "Es muss dem Kunden doch freistehen, ob er seine Produkte aus einem Automaten zieht oder in einem digitalen Laden kauft. Der Ablauf ist derselbe – nur eben menschlicher."
Sandra hat 15.000 Euro in das Projekt investiert. Allein das digitale Zugangssystem hat 2.000 Euro gekostet. Auf Verkaufsautomaten will sie nicht umrüsten: "Das würde nochmal 40.000 Euro kosten. So viel kann man als Kleinunternehmerin nie hereinholen. Ich bin kein Supermarkt – das ist ein Grosch'n G'schäft, mit viel Herz, aber wenig Gewinn."
Laut Auskunft des Magistrats gelten digitale Selfservice-Shops rechtlich nicht als Verkaufsautomaten – und fallen daher nicht unter die Ausnahmeregelung im Öffnungszeitengesetz. Eine Sonntagsöffnung ist somit verboten, auch wenn kein Personal arbeitet. Das zuständige Ministerium sieht keinen Spielraum für Ausnahmen.
Sandra will sich damit nicht zufriedengeben. "Wir wollen nichts Illegales tun – wir wollen einfach nur fair behandelt werden. In einem Land, das ständig über Innovation und Digitalisierung spricht, werden moderne Lösungen blockiert, statt gefördert. Ich wünsche mir, dass man kleinen Betrieben wie meinem mehr Vertrauen schenkt – und endlich die Realität anerkennt."
Unterstützung bekommt sie von Bezirksrat Ernst Paleta – er sieht im "Kiosk 23" ein wichtiges Projekt für Nahversorgung und Innovation. Jetzt liegt es an der Politik: Wird Wien doch noch ein Stück zukunftsfreundlicher?