"Sieg Heil"-Rufe bei Corona-Demo in jüdischem Viertel

"Es sind doch nicht alle Teilnehmer Rechtsextreme", hört man oft rechtfertigend. Doch unter Rädelsführern und in Info-Gruppen finden sich regelmäßig antisemitische Verschwörungstheorien. Diese Weltanschauung trifft bei Corona-Demos auf Fußball-Hooligans und "Aktivisten", die keinen Hehl aus ihrer Gesinnung machen. Zu tausenden spaziert man dann mit Menschen, die nichts von den Corona-Maßnahmen halten, durch Wien.
Dieses Mal, am Samstag, führte der Weg nicht rund um den Ring, sondern durch die jüdischen Viertel der Leopoldstadt. Im grünen Prater hatte Herbert Kickl (FPÖ, später selbst angezeigt) zu einer Kundgebung gerufen. Das hagelte Kritik in Telegram-Gruppen: Der Klubobmann würde mit der Regierung kollaborieren, um die City frei zu machen.
Details zu Straftaten
Genaue Teilnehmerzahlen gibt es noch nicht. Manche Medien schätzen 5.000, die Polizei geht von 15.000 aus, Teilnehmer sprechen von 100.000. Rund 10.000 dürften es also gewesen sein, orientiert man sich an der Zahl der Corona-Anzeigen, die rund 3.000 betrug. Darüber hinaus setzte es 60 strafrechtliche Anzeigen, 42 Festnahmen und vier Verletzte Polizisten. Dem Wachmann eines Versicherungsgebäudes wurde das Bein gebrochen, als Demonstranten in die Tiefgarageeindringen wollten.
Genauere Detail zu den Straftaten liefert nun ein Polizeiakt, der "Heute" vorliegt. Der rechtsextreme Einschlag kommt hier deutlich zum Vorschein.
Hinweise erbeten
Polizeisprecherin Barbara Gass bittet deswegen, weitere zweckdienliche Videos oder Bilder der Polizei zu übermitteln. Nur so sei eine Ermittlung möglich, denn rechtsextreme Äußerungen würde man nicht tolerieren.
Kritik, dass es überhaupt zum Marsch durch die Mazzesinsel, kommt vom grünen Gemeinderat Niki Kunrath und dem stellvertretenden Bezirksvorsteher Bernhard Seitz. "Wenn Reichsflaggen geschwungen werden und Judensterne in unserer Leopoldstadt oder überhaupt in Wien getragen werden, dann hat die Polizei gemeinsam mit den Demonstrierenden nicht verstanden, wo sie sich befinden. So etwas ist unserer Stadt unwürdig."
Dass "rechtsextreme Gruppen mit Symbolen, die den Holocaust verhöhnen, durch die jüdischen Viertel ziehen", ist schlicht "unerträglich".
Jetzt kommentieren