Kummerberatung

So hilft Tatjana (25) Jugendlichen per WhatsApp

Kummer, Streit, Einsamkeit – wenn Jugendliche nicht mehr weiterwissen, hilft ein einfacher Chat. Bei "time4friends" hören Gleichaltrige zu.
Hannah  Maier
18.04.2025, 06:45
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Streit mit den Eltern, Mobbing oder Stress in der Beziehung – gerade Jugendliche kämpfen mit verschiedensten Sorgen und Probleme. Doch was tun, wenn man niemanden zum Reden hat? Genau hier setzt die Chatberatung "time4friends" des Roten Kreuz an. Über WhatsApp können Jugendliche über ihre Probleme chatten.

Die Rolle der Zuhörer und Berater übernehmen aktuell 44 ausgebildete Peers im Alter von 15 bis 20 Jahren. Eine von ihnen ist Tatjana R. Bereits seit zehn Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für das Projekt. "Ich weiß, wie es ist, wenn man niemanden zum Reden hat. Deswegen war mir sofort klar, dass ich als Peer-Beraterin dabei sein möchte", erzählt die 25-Jährige.

Probleme und Sorgen im Chat

2014 hat Tatjana die Grundausbildung absolviert. Dabei werden Workshops und Praxisübungen absolviert. Man erfährt etwas über die Grundlagen der Kommunikation und die Chatberatung von Gleichaltrigen. Auch Inhalte zu Psychische Erste Hilfe, Mobbing und Erkennen von Krisensituationen werden vermittelt. Anfangs wurden noch Telefonberatungen abgehalten. Seit 2020 läuft alles über WhatsApp. Zwischen 18 und 22 Uhr haben die Peer-Berater für Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren ein offenes Ohr.

Cybermobbing belastet immer öfter

Die Themen reichen dabei von Liebeskummer über Streit mit den Eltern, bis hin zu Problemen in der Schule, wie etwa schlechte Noten oder Prüfungsangst. "Einsamkeit hat besonders während Corona zugenommen. Und das Thema Cybermobbing kommt seit ein paar Jahren definitiv öfter auf", erzählt Tatjana.

Bei "time4friends" stehen Jugendliche als Peers anderen Jugendlichen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Österreichisches Jugendrotkreuz (ÖJRK)

Besonders freut es sie, wenn sie Betroffenen tatsächlich helfen kann. "Einmal hat sich jemand wegen eines Streits mit der großen Schwester gemeldet. Die Person war deswegen sehr verzweifelt. Ein paar Tage später hat sie sich dann wieder bei mir gemeldet und für das Gespräch bedankt. Das war schön", erinnert sich Tatjana.

Auffangnetz bei schwierigen Fällen

Hin und wieder gibt es aber auch schwierigere Beratungen, die sie bereits an ihre Grenze gebracht haben – wenn zum Beispiel Personen suizidale Gedanken äußern und professionelle Hilfe benötigen. "Wir werden vorher darauf vorbereitet, wie und zu welchen Stellen wir Jugendliche bei Bedarf weitervermitteln können", so Tatjana. Den Peer-Beratern selbst stehen auch zwei Projektpsychologinnen zur Seite.

Beratungen in einem Jahr verdoppelt

Das niederschwellige, kostenfreie und anonyme Beratungsangebot des Roten Kreuz ist wichtig und gut, ist Tatjana überzeugt, denn es gäbe viele, die niemanden zum Reden haben. Über ihre eigene Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren, sagt sie: "Wenn ich nur einer Person helfen kann, habe ich meine Zeit sinnvoll genutzt." Über zehn Jahre hat sie als Beraterin mitgemacht, seit rund zwei Monaten ist sie nun als Koordinatorin die erste Anlaufstelle für die Peers.

Im Vorjahr wurden auf "time4friends" 730 Chatberatungen geführt, bei denen mehr als 18.000 Nachrichten gesendet wurden. "Die Beratungen haben sich in einem Jahr mehr als verdoppelt", erklärt Jugendrotkreuz-Leiterin Sonja Kuba.

Peers gesucht – jetzt bewerben

Um das Angebot weiter aufrechtzuerhalten und auszubauen, sucht das Rote Kreuz nach engagierte Jugendlichen für das Peer-Programm. Wer Gleichaltrigen mit Rat zur Seite stehen möchte, kann sich bewerben und erhält eine kostenlose Ausbildung. Diese findet von 6. bis 10. Juni in Litzlberg am Attersee statt. Anmeldeschluss ist der 27. April. Infos gibt es hier.

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