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So schossen die Iraner die Boeing vom Himmel

Heute Redaktion
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Eine Analyse zeigt, wie der Raketenangriff auf die ukrainische Boeing ablief. Die "New York Times" wertete dazu Flugdaten und Videomaterial aus.

Ein ukrainisches Passagierflugzeug des Typs Boeing 737 wurde am 8. Januar von einer iranischen Rakete getroffen, alle 176 Insassen kamen dabei ums Leben. Um die Geschehnisse nachzuvollziehen, hat die "New York Times" nun Flugdaten gesammelt und Zeugenvideos sowie Bilder der Absturzstelle analysiert.

Rakete stammt von nahem Militärstandort

In den frühen Morgenstunden des 8. Januar herrscht für die iranische Luftabwehr höchste Alarmstufe. Das Risiko eines US-Angriffs ist hoch, nachdem der Iran als Reaktion auf die Tötung des hochrangigen Generals Qassim Soleimani Raketen auf US-Militärstützpunkte im Irak abgefeuert hat.

Vier Stunden nach dem Raketenangriff wird eine Boeing 737 der Ukraine International Airlines am Flughafen Teheran-Imam Khomeini bereitgemacht für den Start. Um 6.12 Uhr morgens hebt die Maschine ab, folgt der regulären Route nordwestwärts und gewinnt in 3 Minuten etwa 2,4 Kilometer an Höhe. Um 6.14 Uhr sendet das Flugzeug das letzte Signal. Darauf fliegt es weiter und wird nur 13 Sekunden nach Signalabbruch von einer Rakete getroffen.

Doch woher kommt die Rakete?

Einige Kilometer entfernt befinden sich mehrere Militärstandorte, die mit iranischen Abwehrsystemen ausgerüstet sind. Eine nahe gelegene Überwachungskamera hält fest, wie die Rakete von einem dieser Standorte kurz nach 6.15 Uhr abhebt. Die Rakete trifft das Flugzeug nur Sekunden später und setzt es in Brand. Danach wendet die Maschine und nimmt Kurs auf den Flughafen. Der Flug wird für einige Minuten weitergeführt, der genaue Flugverlauf ist jedoch nicht bekannt.

HIER >> "Die Piloten waren sofort tot"

Um 6.19 Uhr hält ein Augenzeuge auf Video fest, wie das Flugzeug langsam abstürzt. Es geht nochmals in Flammen auf, bevor es aufschlägt – etwa 16 Kilometer entfernt von der Stelle, wo das letzte Signal gesendet wurde. Eine Überwachungskamera hält fest, wie das Flugzeug in deren Richtung stürzt.

Trümmer über 400 Meter verstreut

Nach dem Aufprall werden die in Flammen stehenden Überreste des Flugzeugs von weiteren Augenzeugen gefilmt. "Oh, ein Flugzeug!", ruft ein Mann vor Ort. Nach Sonnenaufgang sieht man das Ausmaß des Unglücks erst richtig: Vom Flugzeug selbst ist nicht mehr viel zu sehen. Die Absturzstelle ist übersät von Trümmerteilen, die sich über 400 Meter entlang eines kleinen Parks, Obstgärten und eines Fußballfelds verteilen. Die Räder und das Hinterteil des Flugzeugs werden über 150 Meter von der Absturzstelle entfernt gefunden. Neben den Überresten der Maschine liegen auch die persönlichen Gegenstände der Insassen wie Plüschtiere, Kleider und Fotoalben verstreut auf dem Boden. Das Dorf Khalaj Abad wird nur knapp verfehlt.

Der Iran hat mittlerweile Stellung genommen. Laut dem iranischen General Amir Ali Hajizadeh hat der Bediener des Abwehrsystems das Passagierflugzeug für einen Marschflugkörper gehalten. "Dieses große Unglück ist aufgrund des übereilten Entscheids dieser Person geschehen."

Ein Flieger der Austrian Airlines entkam nur knapp dem Unglück: Der AUA-Flieger hob kurz vor der abgeschossenen Boeing 737 ab.