Sonne auf der Haut, Sand unter den Füßen und vielleicht einen kühlen Drink in der Hand - so klingt ein Sommertraum, den sich viele wünschen. Was für einige Menschen dabei nicht fehlen darf: die Bräune. Glaubt man Studien, soll sie uns angeblich gesünder, erholter und vor allem attraktiver wirken lassen.
Doch was, wenn die Jagd nach der perfekten Hautfarbe mehr Stress als Genuss bedeutet? Und zudem auch noch gesundheitsschädlich wird? Willkommen in der Realität der Tan Dysmorphia - ein Phänomen, das (wieder) viele betrifft.
Ob auf Instagram und TikTok, im Schwimmbad oder in der Stadt - gebräunte Haut liegt wieder voll im Trend, inklusive der sogenannten "Tan Lines". Gemeint sind damit die hellen Streifen, die durch Bikinis entstehen und jetzt bewusst gezeigt werden. Der Beweis für "echte" Sonnenbräune wird zum Teil sogar tätowiert - geht's noch?
Bräune wird also (wieder) als Zeichen von Gesundheit, Fitness und auch Wohlstand wahrgenommen. Wer gebräunt ist, war "offensichtlich" (öfter) im Urlaub, hat sich erholt oder war sportlich draußen unterwegs. Zumindest suggeriert das die kollektive Wahrnehmung. Vorbei ist's mit der "noblen Blässe".
Tja, während ich diese Zeilen schreibe, muss ich etwas schmunzeln. Denn ich muss zugeben: Auch ich habe in meinen Teenagerjahren unter der sogenannten Tan Dysmorphia gelitten. Solariumsbesuche waren nach dem Fitnessstudio absolute Pflicht - und ja, das stand mehrmals pro Woche am Programm.
Außerdem habe ich jede freie Minute in der prallen Sonne verbracht - Zitronenwasser im Haar inklusive. Schließlich zögert man da den nächsten Frisörbesuch hinaus - so war zumindest damals mein Gedanke, während ich mir beherzt Zitronensaft über den Kopf goss, in der Hoffnung auf natürliche Strähnen durch das Sonnenlicht. Immer mit dabei: LSF6 mit Karotin - damit die Haut auch wirklich sicher und richtig schnell "braun" wird.
Zum Glück hat bei mir irgendwann ein Umdenken stattgefunden - und anders als in den 2010er-Jahren, in denen man noch ganz selbstverständlich von einer "gsunden Bräune" gesprochen hat, ist die Aufklärung über die Folgen von zu viel Sonne heute deutlich weiter fortgeschritten. Trotzdem erlebt der Trend von damals aktuell ein Revival - und das nicht nur in puncto Mode.
"Ich sehe einfach krank aus, wenn ich blass bin" - ein Satz, den ich mir damals und viele anderen sich wahrscheinlich schon einmal gedacht haben. Diese innere Abwertung beginnt oft schon vor der Badesaison und kann die Betroffenen enorm stressen. Gegen die "Blässe" wird nachgeholfen: exzessive Solariumbesuche, Selbstbräuner und teilweise ungeschütztes Sonnen.
Die psychische Belastung ist dabei real: Wer sich selbst nur als "attraktiv" empfindet, wenn ein gewisser Bräunungsgrad erreicht ist, verknüpft sein Selbstwertgefühl eng mit seiner Hautfarbe.
Laut einer umfangreichen Studie kann Tan Dysmorphia so weit gehen, dass die Betroffenen eine stark eingeschränkte Lebensqualität haben sowie sich zwanghaft der Sonne aussetzen, obwohl sie wissen, dass es der Haut schadet. Manche Betroffene nehmen dafür sogar schwere Sonnenbrände in Kauf oder tranken Alkohol, um sich "schön genug" fürs Bräunen zu fühlen.
Die Forschung zu dem Thema zeigt deutlich: Bräunen kann ein zwanghaftes Verhalten sein - verbunden mit starkem Leidensdruck und vielen gesundheitlichen Risiken. Dabei bleibt auch neben der Gesundheit eines auf der Strecke: das eigene Wohlbefinden. Denn wer ständig das Gefühl hat, nicht "braun genug" zu sein, beginnt den Sommer nicht mehr zu genießen.
Also das Comeback der 2010-er Mode mit breiten Haarbändern, Lederjacken und V-Ausschnitten feiere ich, aber den Trend zur übertriebenen Bräune? Den dürfen wir gerne in der Vergangenheit lassen.