Er ist 14 – und bereits ein Fall für das Gefängnis. Wiens Justiz hat ihren jüngsten "Systemsprenger". Ein Bub, der zwei Tage nach seinem Geburtstag mit einem Hammer die Scheibe eines Autos zerschlug und Wertsachen stahl, wurde vergangene Woche rechtskräftig zu zehn Wochen Haft verurteilt. Die Polizei hatte den 23. März 2025 rot im Kalender markiert – den Tag, an dem der notorische Mehrfach-Täter strafmündig wurde. Denn bis dahin konnten ihm seine unzähligen Taten nichts anhaben.
Die Dimension seiner Vorgeschichte ist beispiellos: Über 100 (!) strafrechtliche Vormerkungen sammelte der Bub, bevor er überhaupt strafmündig war. Ein Fall, der selbst abgebrühte Ermittler fassungslos zurücklässt. Laut APA war er "zu den jeweiligen Tatzeitpunkten 13 Jahre oder noch jünger" – zu jung also, um in Österreich strafrechtlich verfolgt zu werden. Jetzt aber ist der Damm gebrochen – und die Fälle häufen sich weiter.
Laut Polizei war der 14-Jährige Teil einer strukturierten Kinderbande, die sich offenbar ganz gezielt mit noch jüngeren Komplizen zusammenschloss. Elf-, zwölf- und dreizehnjährige Buben sollen Werkstätten, Autohäuser, Lokale und sogar ein Juweliergeschäft ausgeräumt haben. Besonders perfide: Die älteren Mitglieder der Bande sollen bewusst die Jüngsten vorgeschickt haben – mit Kalkül. Die Kleinen konnten nicht belangt werden, also ließen sie diese die "Drecksarbeit" machen: Türen aufbrechen, Kassen plündern, Fahrzeuge klauen. Währenddessen standen die Älteren draußen Schmiere – und ließen die Kinder das Risiko tragen.
Die Vorwürfe, die nun im Raum stehen, sind gravierend: kriminelle Vereinigung, gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstahl, Urkundenunterdrückung, unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen. Die Ermittler zeichnen das Bild eines Netzwerks mit krimineller Intelligenz. Ein Juwelier-Einbruch soll genau am 14. Geburtstag des nun Verurteilten stattgefunden haben. Die Bande warf die Glastür ein und erbeutete laut Anklage Schmuck im Wert von 13.310 Euro – ein makabres Geburtstagsritual.
Doch die Geschichte ist noch lange nicht vorbei. Am 6. Mai muss sich der 14-Jährige erneut vor Gericht verantworten – diesmal gemeinsam mit einem fast 16-jährigen Komplizen, der als Fahrer mehrerer gestohlener Autos in Erscheinung trat. In einer Nacht raste er mit weit überhöhter Geschwindigkeit und ohne Führerschein durch Wien, ignorierte rote Ampeln, jagte über nasse Fahrbahnen – bis er in der Leopoldstadt die Kontrolle verlor, mit einem geparkten Auto kollidierte und sich überschlug. Zwei 13-jährige Mitfahrer wurden bei dem Crash verletzt, einer brach sich den Arm, der andere erlitt eine Knieverletzung.
Der ältere Mitangeklagte soll laut Staatsanwaltschaft seit Dezember 2024 "aktiv" sein und mindestens 28 weitere Nächte auf Einbruchstour gewesen sein – oft mit denselben strafunmündigen Burschen. Besonders bizarr: Bei mehreren Einbrüchen wurden gezielt Fahrzeugschlüssel entwendet, um mit den gestohlenen Autos auf "Spritztour" zu gehen – nicht selten mit zerstörerischem Ende. Ein amerikanischer Pick-up blieb nach einem Unfall als Totalschaden auf der Straße liegen, ein anderer Wagen endete mit einem geplatzten Reifen im Straßengraben.
Der Fall wirft ein grelles Schlaglicht auf ein System, das überfordert scheint. Ermittler schlagen Alarm, Justizbeamte sprechen von einem "rechtsfreien Raum" für Kinderbanden – und in der Politik brodelt es. Wie konnte es so weit kommen? Wer hat versagt? Und was passiert mit den Jüngeren, die nach wie vor ohne Strafe davonkommen, obwohl sie genau wissen, dass ihnen nichts passieren kann?
Die Diskussion ist eröffnet – und sie wird bitter. Denn wenn Kinder in Wien Einbrüche planen, Autos stehlen und Polizisten austricksen, dann hat das System ein Problem. Und es ist nicht der 14-Jährige allein.