Ganz leise flüstern sich Frauen ins Ohr, dann reicht eine der anderen etwas, möglichst unauffällig, ähnlich wie bei anderen Übergaben, die sich eher in dunklen Gassen als in hellen Büros abspielen – die Rede ist von einem Tampon. Bis heute hat sich da (leider) wenig geändert, obwohl man annehmen könnte, wir leben in einer offeneren Gesellschaft als noch vor einigen Jahren.
Doch warum schämen sich viele Frauen immer noch, wenn es um Themen wie die Regelblutung, weibliche Erkrankungen oder Wechseljahre geht? Eine neue Studie zeigt jedenfalls, dass es in puncto offener Umgang mit diesen Bereichen noch immer erheblichen Nachholbedarf gibt.
Mit der Tabuisierung jener Themen, die Frauen vielleicht nicht ganz so in einem Bild zeigen, wie man sie aus Magazinen kennt, kommt eines dazu: die Unwissenheit. Die bereits erwähnte Studie zeigt dabei erschreckende Details, unter anderem, dass rund 40 Prozent der Befragten nicht einmal wissen, wie lange der Menstruationszyklus dauert.
Doch wie kann das eigentlich sein? In den meisten Haushalten lebt mindestens eine Frau - umso erstaunlicher sind die Wissenslücken, die aus der aktuellen Umfrage hervorgehen. Doch während Frauen mit zunehmendem Alter ihr Wissen erweitern, zeigen laut der Umfrage Männer in dieser Hinsicht kaum Fortschritte.
.. dann haben wir ein Problem. Denn wie wichtig der weibliche Zyklus ist, muss ich an dieser Stelle hoffentlich nicht erklären. Es ist jedoch nicht übertrieben zu behaupten: Weibliche Körperfunktionen gelten immer noch für viele (Männer) als ekelig. Periodenblut ist nicht wie eine Schnittwunde - es ist "grausig".
Tampons gelten als intim, also etwas, das versteckt werden muss. Männer (nicht alle!) verdrehen die Augen, wenn Frauen über PMS oder einen Blähbauch sprechen. Und viele Frauen übernehmen diese Haltung, verpacken Hygieneartikel und Schmerzmittel für die Periode so, dass es ja keiner zu sehen bekommt.
Doch genau dieses Ekel-Narrativ sorgt dafür, dass viele Frauen und auch schon junge Mädchen ihre Körper als etwas Belastendes empfinden - und das über Jahre hinweg. So wird aus körperlichem Unwohlsein schnell seelisches Leid.
Laut der neuen Umfrageergebnisse leiden viele Frauen unter dem ständigen Druck, funktionieren zu müssen und jede vierte Frau gibt an, sich aktuell psychisch schlecht zu fühlen. Bei jungen Frauen sind es sogar 30 Prozent.
Wer ständig das Gefühl hat, mit seinem Körper nicht dem Idealbild zu entsprechen und wer Schmerzen und Beschwerden nicht aussprechen darf, ohne als "überempfindlich" zu gelten, der entwickelt mit der Zeit ein belastendes Verhältnis zu sich selbst.
Ein Beispiel für die Folgen dieses Schweigens: Viele Frauen mit der chronischen Erkrankung Endometriose erhalten ihre Diagnose laut dem Menstruationsgesundheitsbericht erst nach durchschnittlich über sechs Jahren - sechs Jahre voller Schmerzen, Unsicherheit und dem Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.
Was fehlt, ist nicht nur medizinische Aufklärung, sondern emotionale Entlastung. Und die beginnt mit offenen Gesprächen. Ob zu Hause, in der Schule oder im Job. Der weibliche Körper muss raus aus der Tabu-Zone, denn solange wir weibliche Probleme nicht ernst genug nehmen, gibt es auch keine echte Gleichstellung.
An der Stelle ist mir wichtig zu betonen: Schuld bei den Ärzten und Männern zu suchen, ist definitiv nicht die richtige Lösung. Auch wir Frauen tragen Verantwortung.
Verantwortung, wie wir über uns selbst oder andere Frauen sprechen - und wie wir schweigen. Es braucht Mut, das Schweigen zu brechen, weil es immer auch bedeutet sich angreifbar zu machen. Aber wer nur im Flüsterton über den eigenen Körper spricht, lernt nie, ihn zu akzeptieren und ernst zu nehmen.
Und an der Stelle geht es auch nicht um Provokation und wir brauchen keine Menstrutions-Plakate, aber wir brauchen Räume, in denen frauenspezifische Themen nicht als Tabuthemen abgetan werden.
Es braucht Ärzte, Arbeitgeber und Partner die nicht nur von Gleichstellung reden, sondern sie auch ermöglichen. Und das geht nur mit genug Wissen über den weiblichen Körper und Empathie.