Klimaschutz

Tiwag-Pläne bedrohen einzigartiges Naturjuwel in Tirol

Wie viel Natur darf man zerstören, um saubere Energie zu gewinnen? Aus ökologischer Sicht wäre das Drei-Täler-Pumpspeicherkraftwerk ein Desaster.

Lydia Matzka-Saboi
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Gurgler Ache bei Obergurgl im Ötztal in Tirol. Einer der letzten intakten Wildflüsse der Alpen ist durch Wasserkraftwerkspläne der Tiroler Wasserkraft AG bedroht.
Gurgler Ache bei Obergurgl im Ötztal in Tirol. Einer der letzten intakten Wildflüsse der Alpen ist durch Wasserkraftwerkspläne der Tiroler Wasserkraft AG bedroht.
Ludwig Mallaun / picturedesk.com

Dort wo Bundespräsident Alexander Van der Bellen Teile seiner Kindheit verbracht hat und auch heute noch gerne Wanderungen unternimmt, im idyllischen Tiroler Kaunertal, will die Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag) ihr umstrittenes Drei-Täler-Wasserkraftwerksprojekt umsetzen.

Dafür soll ein 120 Meter hoher und 450 Meter breiter Staudamm gebaut, der Platzerbach aufgestaut und das Platzertal - ein unberührtes alpines Naturjuwel - für immer zerstört und in einen künstlichen See verwandelt werden.

Das gewaltige Becken mit 42 Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen wäre aber nur Teil eines riesigen Wasserkraftprojekts. Für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal will die Tiwag vier ökologisch intakte Wildflüsse über 25 Kilometer lange Stollensysteme in den bereits bestehenden Gepatschspeicher umleiten und diesen mit dem neuen Platzertalspeicher verbinden.

Um die riesigen Speicherseen zu füllen, reicht das Wasser des Platzerbachs nicht aus - die Tiwag plant, drei Täler weiter die Gurgler und die Venter Ache anzuzapfen und das Wasser bis ins Platzertal zu pumpen. Die Bauarbeiten würden acht Jahre dauern und mehrere Schutzgebiete bedrohen.

Das Drei-Täler-Pumpspeicherkraftwerk wäre ein ökologisches Desaster. Der WWF kritisiert das Projekt scharf und fordert seinen Stopp.
Das Drei-Täler-Pumpspeicherkraftwerk wäre ein ökologisches Desaster. Der WWF kritisiert das Projekt scharf und fordert seinen Stopp.
APA Picturedesk 

Staudamm so hoch wie der Stephansdom

Wie viel Natur darf man zerstören, um saubere Energie zu gewinnen? Aus ökologischer Sicht wäre das Drei-Täler-Pumpspeicherkraftwerk ein Desaster. Das von menschlichen Eingriffen fast unberührte Platzertal beherbergt EU-rechtlich geschützte Lebensräume: alpine Moorlandschaften, Trockenbiotope und selten gewordene "mäandrierende Gewässerabschnitte".

Mit einer Aktion am Innsbrucker Landhausplatz forderten am Mittwoch die Naturschutzorganisation WWF Österreich und die Vereine "Lebenswertes Kaunertal" sowie "Wildwasser Erhalten Tirol" (WET) den Stopp für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal.

Stattdessen müssten das Platzertal erhalten sowie die Gletscherflüsse Venter Ache und Gurgler Ache geschützt werden. Als Zeichen des Protests entrollten die Organisationen vor der Zentrale des zuständigen Tiwag-Konzerns ein Banner, das die Dimensionen des geplanten Staudamms verdeutlicht: "Mit seinen 120 Metern wäre der Staudamm fast so hoch wie der Stephansdom in Wien und sieben Mal so hoch wie das Goldene Dachl. Dieses Monsterprojekt steht wie kein anderes für die gestrige und zerstörerische Ausbaupolitik der Tiwag. Die Zeiten, in denen man ohne Rücksicht auf die Natur die Alpen zupflastern kann, müssen vorbei sein", sagte Bettina Urbanek, Gewässerschutzexpertin des WWF Österreich.

Gemeinsam fordert die Umwelt-Allianz, dass die naturverträgliche Energiewende auch für Speicherkraftwerke gelten muss. "Die Tiwag muss sich zur konsequent naturverträglichen Umsetzung der Energiewende bekennen. Mit den Projektgeldern könnte sie sowohl den Sonnenstrom rascher ausbauen, als auch die ökologischen Belastungen durch ihre Kraftwerke sanieren. Die Klima- und Biodiversitätskrise muss gemeinsam gelöst werden", betonte Urbanek.