Ein Haus in der Vorstadt, Frau und Kind. Dazu Auto und Bürojob – dem Hauptangeklagten (59) würde man kriminelle Energie nicht im Geringsten ansehen. Doch das brave Äußere soll laut Staatsanwaltschaft trügerisch sein. Schwerer Betrug und schwerer gewerbsmäßiger Betrug wurden dem 59-Jährigen und einem Werkstatt-Chef (51) vorgeworfen. Auch zwei Komplizen (49, 51) bekamen am Dienstag (6. Mai) die Rechung am Wiener Landesgericht präsentiert.
Die Anklage hatte es in sich: Um an Geld zu kommen, sollen die Verdächtigen Unfälle inszeniert, Fahrzeugschäden gefälscht – und dann Geld von der Versicherung kassiert haben – angeblich zu Unrecht. Die Top-Verteidiger Peter Philipp und Andreas Schweitzer vertraten gekonnt zwei der vier Beschuldigten. Die Hauptangeklagten, beide "echte Österreicher", bekannten sich Dienstag "nicht schuldig".
Laut den Ermittlungen sollen der Hauptangeklagte und der Werkstatt-Chef im November 2020 absichtlich einen Crash verursacht haben, gemeinsam mit einem Komplizen soll der Unfallbericht gefälscht worden sein. Die Versicherung zahlte fast 14.000 Euro aus.
Der Werkstatt-Chef soll mehrmals absichtlich andere Autos angefahren haben. Der 51-Jährige krachte in der Johannesgasse, am Verteilerkreis und in der Schüttelstraße in Fahrzeuge von anderen Lenkern. Der Mann wies vor Gericht jede Absicht von sich. "Ich habe nicht ausweichen können, ich kann mich ja nicht auflösen mit dem Auto", gab er zu Protokoll.
Die Betroffenen sehen das anders, meinen die Unfälle wären "leicht zu verhindern gewesen". Für die Unfallberichte wurden angeblich Unterschriften eines Lehrlings gefälscht, dann Geld von der Versicherung verlangt.
Im Juni 2021 soll der Werkstatt-Chef mit Ölkreide "Kratzer" auf das Auto seiner Lebensgefährtin aufgemalt – und den Fall bei der Versicherung eingereicht haben. Gemeinsam mit dem Hauptangeklagten wurden laut Anklage Dutzende Unfälle inszeniert, in Summe über 85.000 Euro von verschiedenen Versicherungen zu Unrecht ausbezahlt.
Die Anklage stand auf wackeligen Beinen. "Von 100 ermittelten Fakten wurden zehn angeklagt – und nur zwei führten zu einer Verurteilung", so Verteidiger Andreas Schweitzer. Der 59-jährige Erstangeklagte überreichte dem Privatbeteiligtenvertreter im Saal 1.500 Euro zur Wiedergutmachung. Die Urteile: 8 Monate bedingt für die beiden Hauptverdächtigen, zwei Freisprüche für die zwei Mitangeklagten – nicht rechtskräftig. Die Unschuldsvermutung gilt.