Am späten Montagnachmittag kam es im Tiroler Gschnitztal zu einem schweren Unwetter mit Hagel und in der Folge Murenabgängen, die Orte von der Außenwelt abschnitten – mehr dazu hier. Rund 100 Personen, die sich in der Bremmer Hütte, der Tribulaun Hütte und der Innsbrucker Hütte befinden, wurden mithilfe des Bundesheeres und eines Black Hawk Hubschraubers evakuiert. Rund 15 Häuser wurden bei dem starken Unwetter beschädigt. Werden solch massive und gefährliche Unwetter das neue Normal in Österreich?
Das versuchte am späten Dienstagabend der Krisenmanager und Leiter der Wildbach- und Lawinenverbauung im Landwirtschaftsministerium, Florian Rudolf-Miklau, in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf einzuschätzen. "Die Ursachen liegen mit Sicherheit zum Teil in der Erderhitzung als eine Folge des Klimawandels, zum Teil aber auch, und das muss man ganz klar sagen, in der intensiven Nutzung unserer Landflächen", so Rudolf-Miklau. Die Nutzung werde "intensiver, deshalb gibt es auch mehr Schadenspotenzial", so der Experte.
"Das wird die Siedlungen nicht erst bedrohen, es bedroht sie bereits", so Rudolf-Miklau zur Gefahr für Ortschaften in Österreich. Durch eine Gefahrenzonenanalyse wisse man, dass sich rund 200.000 Gebäude in einer solchen befinden würden, hieß es. "Das betrifft 500.000 Menschen in Österreich", so Rudolf-Miklau. "Und das wird mehr." Das Ausmaß sei schwer zu prognostizieren, hieß es, fix wisse man aber, dass die Intensität und die Häufigkeit steigen würden, während die große Frage sei, wann, wo und in welcher Ausdehnung es dazu komme.
Wäre ein solch gigantischer Felssturz wie in Blatten in der Schweiz auch in Österreich denkbar? "Von der Masse her ja", so Rudolf-Miklau, "die Ursache wird wahrscheinlich eine andere sein". In Blatten sei es zu einem Bergsturz auf einen Gletscher gekommen, wobei der Gletscher dann auf einen Ortskern gestürzt sei. "In Österreich gibt es keine Ortsteile unter Hängegletschern, daher ist es auch nicht möglich, dass so etwas auftritt." Ein großer Felssturz jedoch, "das kann alles passieren, und es sind die Mengen, die da vom Berg kommen, auch vergleichbar".
Das im Aufbau befindliche Geomonitoring zur Erfassung von Gebirgsbewegungen sei nicht zu lange hinausgezögert worden, so der Experte. In Österreich seien vielmehr nicht so sehr die Permafrostbewegungen wichtig, sondern jene von Bergmassen aufgrund tektonischer Ereignisse wie Erdbeben, aber auch Starkregen. "Wir müssen mehr in der Wissenschaft tun auf diesem Sektor", so Rudolf-Miklau. Bei dem geplanten Frühwarnsystem sei es nicht so, "dass da eine Sirene läutet, wenn sich was bewegt", sondern die Experten würden gewarnt, hieß es.
Man wisse dann Hotspots, sehe Bewegungen und könne beobachten, wie schnell das passiere. Dadurch könne man einen guten Zeitpunkt erwischen, um Menschen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Dass in Österreich jedes fünfte Gebäude in einer Gefahrenzone stehe und 40.000 sogar in einer roten Zone, in der es gar nicht stehen sollte, "das ist ein Problem, ganz klar", so Rudolf-Miklau. Ohne Schutzbauten könne man den Anstieg der Gefährdung nicht kompensieren, hieß es. In Einzelfällen werde es auch so kommen, dass Menschen abgesiedelt wegen der Gefahr aus ihren Häusern werden müssten – "derzeit sind es noch wenige".