"Travis the Creator"

Vergewaltigungsprozess: Altes Gesetz rettet Influencer

Der 30-jährige Ghanaer "Travis the Creator" ist in der Schweiz vom Vorwurf der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung freigesprochen worden.
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06.12.2025, 08:21
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Der bekannte Influencer "Travis the Creator" stand am Montag wegen mehrfacher Vergewaltigung vor dem Bezirksgericht Zürich. Er soll fünf junge Frauen sexuell genötigt und vergewaltigt haben. Am Freitag folgte schließlich das Urteil.

Der Beschuldigte wurde vom Vorwurf der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung freigesprochen. Er erhält eine Genugtuung von 2.600 Franken (circa 2.780 Euro) für die erlittene Haft. Das berichtet "20 Minuten".

Travis wurde lediglich zu einer geringen bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 30 Franken wegen Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch ein Aufnahmegerät verurteilt. Dies, weil er heimlich ein Sexbild mit einer Partnerin mit dem Handy gemacht hat.

Die Urteilsbegründung empört: Für das Gericht braucht es nach altem Sexualstrafrecht – gemäß dem der Fall behandelt wurde – vom Opfer einen zumutbaren Widerstand. "Sexuelle Handlungen gegen den Willen des Opfers alleine reichen für eine Verurteilung nicht", sagte der Richter. So hätten die Opfer nicht von eigentlichen Gewalthandlungen gesprochen und hätten sich auch wehren können.

"Mach doch mit" und "Tu doch nicht so"

Die fünf jungen Frauen sollen im Zeitraum von 2017 bis 2020 bei Fotoshootings in Unterwäsche in einer Boutique in der Stadt Zürich oder in Privatwohnungen in der Agglomeration vom Influencer und Partyveranstalter missbraucht worden sein.

Laut Anklage waren die Opfer jeweils überrascht, als sie vom Beschuldigten angefasst und missbraucht wurden, und hätten sich in einer Art Schockstarre befunden.

Der Influencer soll jeweils gesagt haben: "Don't be shy", "Mach doch mit" sowie "Tu doch nicht so". So soll er die Frauen genötigt und überrumpelt haben.

Travis: "Keine Aussage"

Am Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich am Montag machte Travis keine Aussagen – weder zu seiner Person noch zu den Vorwürfen. Er lebt momentan in Spanien, ist ledig, Vater eines Kindes und hat eine Vorstrafe.

Der Ghanaer wurde 2021 vom Obergericht Zürich wegen Schändung verurteilt. In der Untersuchung hatte er die sexuellen Handlungen entweder bestritten oder gesagt, dass sie freiwillig waren.

Opferanwältin: "Er hat ihr Leben zerstört"

Dem widersprach eine der Opferanwältinnen. So habe Travis während eines Fotoshootings die Frau aufgefordert, auf allen vieren zu posieren. Er soll mit den Fingern in sie eingedrungen sein und sie geleckt haben.

"Meine Mandantin hat ihn angefleht aufzuhören und die Tränen liefen ihr hinunter." Aber er habe einfach weitergemacht. "Meine Mandantin hat gehofft, als Model den Durchbruch zu schaffen, aber er hat ihr Leben zerstört", sagte die Anwältin. "Sie konnte kaum mehr Berührungen zulassen und musste sogar ihr Hobby, das Tanzen, aufgeben."

Bei einem anderen Opfer habe Travis nach dem Sex die Frau kaum mehr beachtet. "Er wollte sie einfach loswerden", sagte die Opferanwältin. Nach der Vergewaltigung sei ihre Mandantin in die Apotheke gegangen, um sich eine Pille danach zu holen. Denn Travis habe kein Kondom benutzt.

"Der Entschluss, den Influencer anzuzeigen, ist ihr nicht leichtgefallen." Erst als sie in den Medien erfahren hat, dass sie nicht das einzige Opfer war, konnte sie sich dazu durchringen.

Staatsanwältin forderte Landesverweis

Für die Staatsanwältin sind die Aussagen der Frauen glaubhaft. Sie hätten einander nicht gekannt und unabhängig voneinander den Beschuldigten angezeigt. "Die Frauen wollten im Fashion- und Modelbereich Fuß fassen", sagte sie.

Der Beschuldigte habe seine Machtposition und sein Ansehen in der Modebranche gewissenlos ausgenutzt, um die Frauen zu missbrauchen. "Der Beschuldigte hat sich genommen, was er gewollt hat."

Die Staatsanwältin beantragte eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Die Strafe wurde erhöht, weil Travis schon einschlägig vorbestraft ist. Zudem soll er eine zwölfjährige Landesverweisung erhalten. "Ein Härtefall liegt nicht vor", sagte sie.

Entschädigung für 42 Tage U-Haft gefordert

Die Verteidigerin forderte einen Freispruch für ihren Mandanten. Von einer Gefängnisstrafe und einem Landesverweis sei entsprechend abzusehen. Zudem sei Travis für die Haft von 42 Tagen zu entschädigen.

"Mein Mandant wurde medial vorverurteilt und die Staatsanwaltschaft ließ sich beeinflussen", sagte sie und sprach von einer "Hetzjagd". Auslöser sei ein Artikel von "20 Minuten" gewesen.

Die Verteidigerin kritisierte auch die in der Anklageschrift jeweils erwähnte Schockstarre. Die Opfer hätten sich wehren müssen, da die Taten noch nach altem Sexualstrafrecht beurteilt werden, findet sie.

"Ein Nein bedeutete noch keine Vergewaltigung", sagte die Verteidigerin. Nach altem Sexualstrafrecht sei es ohne körperliche Gegenwehr höchstens sexuelle Belästigung.

Influencer erhält das letzte Wort

Zum Schluss sagte der Beschuldigte unter Tränen: "Ich bin kein Vergewaltiger." Es tue ihm leid, was die Frauen und ihre Familien durchmachen mussten.

{title && {title} } 20 Minuten, {title && {title} } Akt. 07.12.2025, 12:54, 06.12.2025, 08:21
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