Politik

"Völlig gestört" – Nehammer sagt Sozialhilfe-neu an

Egal ob Staatsbürger oder Asylwerber – jeder soll künftig erst nach fünf Jahren in Österreich Sozialhilfe bekommen.

Leo Stempfl
Nehammer zeigte sich in der Pressestunde überzeugt davon, dass der Plan rechtskonform sei.
Nehammer zeigte sich in der Pressestunde überzeugt davon, dass der Plan rechtskonform sei.
ORF2

In der ORF-Pressestunde war am Sonntag wohl einer der prominentesten Gäste: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Darin verteidigte er abermals den Verbrennungsmotor in Autos, durch die ab 2035 E-Fuels fließen sollen, obwohl Experten das für alles andere als wirtschaftlich halten.

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Die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich verteidigte auch er und wies die Schuld dafür der SPÖ zu, weil diese nicht von ihren fünf Forderungen abweichen wollte. Die eigene Koalition werde jedenfalls bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2024 andauern, gab er sich überzeugt.

Kogler wohl kein Nehammer-Wähler

Überraschungen gab es schließlich beim Themenkomplex Migration und Sozialsystem. ÖVP und Grüne vertreten hier bekanntermaßen grundsätzlich andere Grundsätze, wie den beiden Partei-Chefs auch bewusst ist. An Nehammers "Vision 2030" gab es von den Grünen deswegen auch herbe Kritik, was den ÖVP-Obmann wiederum kalt lässt. "Ich erwarte mit von Werner Kogler nicht, dass er dann sagt: 'Wow, großartig, ich werde jetzt auch Karl Nehammer wählen'", so der Kanzler fast schon zynisch.

Was es seiner Meinung nach nun vor allem brauche, sei neben dem Außengrenzschutz der EU ein Verhindern der "illegalen Migration" in das österreichische Sozialsystem. "Aus meiner Sicht ist das völlig gestört", sagte Nehammer, "EU-Bürger werden schlechter gestellt als Asylberechtigte". Grund sei, dass ein Asylberechtigter Anspruch auf Sozialhilfe habe, EU-Bürger hingegen fünf Jahre zu warten hätten. "Und jetzt tut man so, als wäre dieses Diskutieren darüber ein unglaublicher Tabubruch."

5 Jahre Mindestaufenthalt

Sein Vorhaben deswegen: Die neue Regelung solle für alle Menschen gleich gelten. "Es gilt für alle Menschen, die in Österreich leben und es trifft dann diejenigen, die nach Österreich kommen." In Vorarlberg habe man bereits eine Regelung auf die Beine gestellt. Welche Sozialleistungen dann konkret davon umfasst sein sollen, wird sich Nehammer kommende Woche bei einer Dänemark-Reise ansehen.

"Wenn ein Asylberechtigter, der noch nie hier in das System eingezahlt hat, sofortigen Zugang hat zur Mindestsicherung und eine Rumänin, ein Belgier, eine Tschechin, die nach Österreich kommt, nicht, dann ist das eine Schieflage, die korrigiert gehört." Laut Nehammer eine Anpassung gesetzeskonform, als Beispiel für die Änderung nannte er die Mindestsicherung.

Künftig sollen sich also sowohl Österreicher wie auch Asylberechtigte und EU-Bürger der Maßgabe unterwerfen müssen, für den Erhalt einer Sozialleistung "mindestens fünf Jahre in Österreich sich dauernd aufgehalten zu haben".

Experten haben Bedenken

Ob dieses Vorhaben vor den (europäischen) Höchstgerichten hält, ist fraglich. Experten weisen darauf hin, dass sich Nehammer in Dänemark inspirieren lassen will, Dänemark sich aber der Status-Richtlinie (die die Gleichbehandlung von Staatsbürgern und Asylberechtigten im Sozialsystem vorschreibt) gar nicht unterworfen hat, an diese also nicht gebunden ist.

Karl Nehammer will diese darin verbotene Ungleichbehandlung von Staatsbürgern und Ausländern vermutlich damit verhindern, dass die Mindestaufenthaltsdauer für alle Personen gilt, Österreicher also theoretisch mit Vollendung des 5. Lebensjahrs automatisch anspruchsberechtigt werden. Auch solch eine Regelung gab es in der Vergangenheit bereits – sie wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.

Wie Dr. Petra Sußner im "Verfassungsblog" erläuterte, ging es dabei um das Niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz. Dieses sah einen geringeren Satz für Personen vor, die in den letzten sechs Jahren nicht mindestens fünf in Österreich gelebt haben. Auch hier wurde nicht zwischen Österreichern und Asylberechtigten unterschieden. "Der VfGH hob die niederösterreichische 'Wartefrist' als nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen den Gleichheitssatz auf", so die Expertin. Die dadurch entstehende faktische Wartefrist sei "unsachlich und verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen".

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