Sportmix

Von Thiem gefeuert, jetzt zu Bresnik: "Beste der Welt"

"Er spielt gut, aber er gewinnt nicht." Das sagt Ex-Trainer Günter Bresnik über Dominic Thiem. In Wimbledon werkte Thiems Ex-Physio für Bresnik.

Martin Huber
Bresnik: "Er ist kein Voodoo-Zauberer."
Bresnik: "Er ist kein Voodoo-Zauberer."
Gepa

"Die Vorhand voll da, der Kampfgeist richtig gut. Ich habe mich wieder selbst erkannt am Platz. Ich bin immer noch voll da." Dominic Thiem war positiv nach der knappen Auftakt-Niederlage gegen Stefanos Tsitsipas in Wimbledon. Am Tag darauf war die Ex-Nummer 3 der Welt verschnupft und sagte für den Challenger nächste Woche in Salzburg krank ab.

"Er spielt gut, aber er gewinnt nicht", sagt Thiems Ex-Trainer Günter Bresnik, der nicht zum Rasen-Klassiker reiste. "Ich habe drei Trainer dort und hier in Österreich viel zu tun. Eine Tochter hatte Matura, die andere Sponsion. Da setzt der Papa andere Prioritäten." Sportlich versäumte Bresnik nicht viel. Seine Schützlinge Julia Grabher, Dennis Novak und Alexander Shevchenko scheiterten in Runde eins.

1/8
Gehe zur Galerie
    Dominic Thiem setzt bei der Rückkehr in die Weltspitze auf ein neues Team. 
    Dominic Thiem setzt bei der Rückkehr in die Weltspitze auf ein neues Team.
    GEPA

    Als Thiem gegen Tsitsipas im Match-Tiebreak eine wichtige Vorhand ins Netz schlug, kümmerte sich dessen Ex-Physiotherapeut Alexander Stober in Wimbledon um einen Bresnik-Schützling. Stober war 2020 Teil jenes kleinen Erfolgsteams, als sich Thiem bei den US Open zum Grand-Slam-Sieger kürte. Nach der Handgelenkverletzung von Thiem gab es Unstimmigkeiten bei der Therapie, trennten sich die Wege nach sechs erfolgreichen Jahren unschön.

    Stober ärgerte, dass ihm Thiem die Trennung nicht persönlich mitteilte. Er vermisste jene Loyalität, die er selbst jede Sekunde in das Projekt gesteckt hatte. Der Ex-Betreuer von Andre Agassi, Pete Sampras oder Angie Kerber nahm eine Auszeit. Er betreute dann die Ex-US-Open-Siegerin Sloane Stephens.

    Ab sofort arbeitet Stober wieder im Team Bresnik. Bereits bei den French Open half der gebürtige Deutsche Österreichs Nummer 1 Julia Grabher. In Wimbledon kümmerte er sich um Alexander Shevchenko, der als junger Bursche mit seiner Mutter in die Südstadt kam, als Thiem dort noch mit Ernests Gulbis unter den Fittichen Bresniks übte. Jetzt ist Shevchenko 22 Jahre alt, wie Thiem in den Top 100 und hofft mit Stobers Hände auf den nächsten Karriere-Schritt.

    1/5
    Gehe zur Galerie
      Dominic Thiem präsentiert seine Brillen-Kollektion.
      Dominic Thiem präsentiert seine Brillen-Kollektion.
      picturedesk
      "Solche Leute will ich nicht im Umfeld meiner Sportler"

      "Stober ist kein Voodoo-Zauberer, er ist der beste Physio der Tennis-Welt", sagt Bresnik zu "Heute". "Nach fünf Sätzen gehst du als Spieler zu ihm, mit seiner Erfahrung und den handwerklichen Fähigkeiten richtet er dich in zwei, drei Stunden für den nächsten Tag her."

      Für Bresnik ist der Trainer "der Unsympathler, der anschafft". Ein Physio sei der wichtige Gegenpol. "Verständnisvoll. Eine gute Seele, die da ist und auch noch in der Nacht massiert."

      "Gute Physios gibt es einige. Die meisten sind aber nicht bereit, so viel für den Sportler zu investieren. Die machen vier Therapien um je 80 Euro zu Hause, verdienen in der Woche 2000 Euro und sitzen am Abend mit der Freundin beim Heurigen. Solche Leute will ich aber nicht im Umfeld meiner Sportler. Da ist mir Stober lieber."

      Der Bruch mit der Familie Thiem sei für Stober "erledigt". "Es gibt Dinge, die er nicht versteht", sagt Bresnik. "Bei uns ist das kein Thema mehr."

      1/5
      Gehe zur Galerie
        Sepp Resnik mit zerstörten Tennisschlägern in seinem Domizil in der Lobau: "Ein Geschenk von Dominic."
        Sepp Resnik mit zerstörten Tennisschlägern in seinem Domizil in der Lobau: "Ein Geschenk von Dominic."
        Helmut Graf
        "Bei Dominic bin ich daneben gelegen"

        Bresnik hatte in Paris bei den French Open die rasche Rückkehr Thiems in Top 30 prophezeit. "Da bin ich daneben gelegen", sagt er. "Sein Weg zurück dauert jetzt zwei Jahre, das wundert mich. Ich glaube, dass er selbst ungeduldig ist. Ich bleibe dabei: Es gibt für mich keine 20 Spieler, die besser sind als er.“

        Der Fall aus den Top 10 hätte aber zu Kollateralschäden geführt. "Er war fünf Jahre ohne Probleme in den Top 10. Bist du raus, spielst du früh gegen Top-Spieler, kommst selbst nie in den Fluss, kannst dir auch die Turniere nicht mehr aussuchen."

        1/5
        Gehe zur Galerie
          Fußball-Fan in Köln: Dominic Thiem verfolgt mit Freundin Lili vor der Tennis-Saison 2023 das 1:1 von Köln gegen Hoffenheim im Stadion. 
          Fußball-Fan in Köln: Dominic Thiem verfolgt mit Freundin Lili vor der Tennis-Saison 2023 das 1:1 von Köln gegen Hoffenheim im Stadion.
          Imago
          "Dominic würde sich wegen einer Frau nie schlechter vorbereiten"

          Tennis ist für Bresnik in der Weltspitze die freieste Marktwirtschaft. Einer kommt weiter, einer ist weg. "Spieler sind berühmt und zufrieden, weil sie ein Major-Finale erreichten. Federer, Nadal und Djokovic haben aber gemeinsam 65 Grand-Slam-Titel gewonnen. Sie haben 16 Jahre lang dem Rest der Welt alle Titel weggenommen. Mehr noch: Sie haben allen anderen die Möglichkeit genommen, Erfahrungen zu sammeln. Das sollte man bedenken. Und nicht die Diskussionen in Foren über Spielerfrauen. Das ist fürchterlich. Es wird vor der ersten Wimbledon-Runde über den Einfluss der Frauen auf Tsitsipas und Thiem geredet. Dominic würde sich wegen einer Frau nie schlechter auf ein Tennisspiel vorbereiten."

          Thiems Formkurve zeigte in Wimbledon nach oben. Den mentalen Knoten im Kopf konnte er aber nicht lösen. Von 15 Tiebreaks verlor er heuer zwölf, im Entscheidungssatz gewann er noch kein einziges, verlor er vier.

          Djokovic gewann in seiner Karriere exakt 65,5 Prozent der gespielten Tiebreaks. Die besten Tennisspieler sind die mit dem größten Killerinstinkt. Der "Djoker" machte am Weg zum Paris-Triumph in sieben Tiebreaks keinen unerzwungenen Fehler.

          "Er ist aktuell der Beste", sagt Bresnik. "Er kann mit Druck extrem gut umgehen. Aber auch er hat schon versagt. Djokovic war lange in seiner Karriere der ewige Zweite und Dritte. Er plagte sich auch mit Krämpfen. Jetzt wird debattiert, ob die Krämpfe Alcaraz am Weg zum Besten hindern. Nein. Er wird das medizinisch in den Griff kriegen. Aber Alcaraz ist noch nicht so weit wie Djokovic. Der hat 400 Spiele bei Majors, die Erfahrung und Selbstverständlichkeit hebt ihn ab. Es ist Blödsinn, dass Alcaraz seinen Spielstil plötzlich ändern soll. Er wurde von klein auf gedrillt, dass er um jeden Ball kämpft. Das soll er jetzt abstellen. Warum? Rafael Nadal hat noch nie in seinem Leben einen Ball aufgegeben."

          Bresnik hält nichts davon, die Big Points im Tennis zu wichtig zu reden. "Punkte nach der Wichtigkeit zu ordnen, ist ein Verbrechen. Und Selbstvertrauen kommt immer durch Leistung, aber Leistungen kommen nicht durch Selbstvertrauen – auch das ist ein Irrglaube."

          Bei seinen Schützlingen sieht Bresnik jede Menge Arbeit. "Shevchenko hat viele Defizite: Die Fitness passt nicht. Da leidet dann auch die Beinarbeit unter der fehlenden Physis, weil er glaubt, etwas einsparen zu können. Auch der zweite Aufschlag und der Volley sind nicht gut. Gut ist aber, dass er mit dem Tennis schon in den Top 100 steht."

          Shevchenko müsste körperlich aufholen. "Darum wäre es gut, Stober auch beim Training dabei zu haben. Das ist aber bei einem Spieler seiner Klasse nicht finanzierbar.“

          Auch die Unterstützung von Grabher sei eher die Ausnahme. "Stober betreibt so viel Aufwand, er will sich nur auf einen Spieler konzentrieren. Das ist für mich seine einzige Schwäche".

          Grabher, die Nummer 58 der Welt, hat Bresnik selbst überrascht. "Keiner hat vor einem Jahr geglaubt, dass sie so weit kommen kann. Es spricht auch nichts dagegen, dass sie noch weiter kommt. Trotzdem gilt es jetzt, die Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen, solide Wurzeln sind auch wichtig."

          "Julia ist eine harte Arbeiterin. Sie ist akribisch und hinterfragt alles. Das ist in einer Spielsportart aber nicht immer förderlich, weil die Leichtigkeit verloren geht. In einem Tennismatch gibt es Hindernisse, da musst du improvisieren und nicht hinterfragen."

          Das Aus als Trainer von Gael Monfils hat Bresnik nicht weh getan. "Es war absehbar, dass meine Arbeit mit ihm ein Ablaufdatum hat. Gael ist 37 und körperlich angepeckt. Nach einem guten Match wie in Paris fällt er zwei Monate aus. Sein Tank ist leer. Er ist es gewohnt, wieder zu tanken. Nur das funktioniert nicht mehr. Das ist dann schwierig. Seine Frau Elena Svitolina ist zehn Jahre jünger und spielt gut. Er sitzt beim Frühstück neben ihr, möchte auch noch und spürt die Schmerzen am Körper. Das ist nicht einfach."

          Das Aufhören sei Teil einer Karriere, aber für alle schwer. "Roger Federer hat es in Wimbledon ja auch gejuckt, als er Andy Murray zuschaute. Der Rasen wäre ihm lieber als die Royal Box gewesen.“

          1/7
          Gehe zur Galerie
            Österreichs Schwimm-Star Felix Auböck. Die größten Erfolge des Weltmeisters aus Bad Vöslau.
            Österreichs Schwimm-Star Felix Auböck. Die größten Erfolge des Weltmeisters aus Bad Vöslau.
            Gepa
            Mehr zum Thema