Gesundheit

Experte sieht 4. Lockdown wegen Ungeimpften kommen

Für Intensivmediziner Walter Hasibeder sind ein 4. Lockdown und verschärfte Maßnahmen durchaus denkbar, wenn die Durchimpfungsrate nicht steigt. 
Sabine Primes
06.09.2021, 11:23

Der österreichische Intensivmediziner Walter Hasibeder sieht "durchaus die Gefahr, dass man in einen vierten Lockdown geht", wenn die Durchimpfungsrate weiterhin bei rund 60 Prozent bleibt. Auch ohne eine Überlastung der Intensivstationen könnten zudem "in großem Maß Planoperationen wieder abgesagt werden müssen", warnt der Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) gegenüber der APA.

Verschärfungen der Maßnahmen, wenn...

Derzeit sei eher die Belegung der Normalbetten ein Problem. In den heimischen Krankenhäusern lagen am Freitag 543 Patienten mit Covid-19. Davon benötigten 149 Menschen eine Intensivbetreuung, ein Anstieg von 45 Patienten innerhalb einer Woche. "Wir nähern uns der 200er-Marke", sagt Hasibeder. Bei etwas mehr als 2.000 Intensivbetten in Österreich wären das zehn Prozent Auslastung mit Infizierten. "Gefährlich wird es dann, wenn man 10 bis 30 Prozent der Betten mit Covid-Patienten auffüllt".

"Im Moment viel interessanter" als nur die Auslastung der Intensivstationen sei aber die Zahl der Hospitalisierungen insgesamt - "und wenn die steil nach oben geht, muss man Maßnahmen verschärfen, das ist gar keine Frage", meint Hasibeder. Zu überlegen sei wieder eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen. "Klar wird man weiter viel testen müssen", fordert Hasibeder. Er riet dazu, dass man die Testungen, "wenn man schon keine Impfpflichtmachen will, kostenpflichtig macht".

"Pandemie der Ungeimpften"

Nachdem die ältere, vulnerable Bevölkerung zum Großteil geschützt ist und jüngere oft weniger schwer erkranken, habe sich in anderen Ländern bereits gezeigt, dass zunächst Normalstationen überfüllt waren, erläutert der Ärztliche Leiter der Anästhesie und Operativen Intensivmedizin am Tiroler Krankenhaus St. Vinzenz in Zams. Die Krise habe sich auf eine "Pandemie der Ungeimpften" reduziert. In seinem Spital würden aktuell fünf SARS-CoV-2-Infizierte auf der Normalstation und ein Covid-Patient intensiv behandelt, "alle sind ungeimpft und alle unter 60 Jahren", betont Hasibeder.

Der Arzt warnt jedoch auch die Jüngeren vor der ansteckenderen und häufig schwerer verlaufenden Delta-Varianteund generell vor einer Infektion. Die ersten Wochen nach einer Covid-19-Erkrankung bestehe etwa ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt und für mehrere Monate auch an neu aufgetretener Diabetes zu erkranken, berichtet Hasibeder. Zudem hätten auch 16- bis 30-Jährige laut einer norwegischen Studie zu über 50 Prozent ein halbes Jahr nach der Erkrankung immer noch Symptome wie Geruchs- und Geschmacksstörungen, gefolgt von Erschöpfung und - am dritthäufigsten - Konzentrationsstörungen.

Ärzte und Pflegekräfte frustriert über Impfunwillige

Der ÖGARI-Präsident hat "kein Verständnis dafür", dass sich viele Menschen nicht impfen lassen. "Was man sieht, ist ein gewisser Frust beim Pflegepersonal", berichtet er auch von Kollegen. Das sei eine Belastung für Pflegekräfte, die nun wieder in voller Schutzausrüstung arbeiten, sagt Hasibeder. "Bitte lassen Sie sich impfen. Es ist keine harmlose Erkrankung, sondern unter Umständen eine sehr, sehr schwere Erkrankung, die einem möglicherweise lange bleibt, wenn man sie überlebt."

Ob die Grippesaison wie im Vorjahr ausbleibt oder diesen Winter eine zusätzliche Belastung für die Spitäler werden könnte, ist laut Hasibeder davon abhängig, welche Influenza-Stämme vorherrschend sein werden und ob diese hoch ansteckend sind. Eine möglicherweise erneut verschärfte Maskenpflicht sei jedenfalls auch "eine der besten Schutzmaßnahmen gegen die Influenza".

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