Überfüllte Ambulanzen, lange Wartelisten und Wartezeiten für Behandlungen – Wiens Spitäler haben "ein Problem mit Gastpatienten aus anderen Bundesländern" – das betonte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in der Vergangenheit immer wieder. Primär soll die Versorgung der eigenen Landesbevölkerung garantiert werden.
Was das bedeutet, musste Dagmar W. nun am eigenen Leib erfahren. Die Niederösterreicherin bekam von ihrem Arzt eine Überweisung; er empfahl ihr das Orthopädische Spital Speising. Doch dort sagte man ihr, dass sie sich eine Behandlungsmöglichkeit in ihrem Bundesland und nicht in Wien suchen solle.
Seit rund drei Jahren kämpft die 61-Jährige mit extremen Schmerzen in der Hüfte und in den Beinen. Doch nichts scheint zu helfen. "Ich habe schon alle möglichen Therapien probiert. Zuletzt war ich beim Rheumatologen, habe dafür 1.600 Euro gezahlt und auch das hat nicht geholfen", erzählt sie.
Zunächst vermuteten die Ärzte eine Arthritis, doch eine endgültige Diagnose konnte bisher nicht gestellt werden. Zur weiteren Abklärung sollte Dagmar W. nun für eine orthopädische Begutachtung in ein Spital. Von ihrem Arzt bekam sie eine Überweisung und die Empfehlung, sich ans Spital Speising in Wien-Hietzing zu wenden. Sie suchte online um einen Termin an. Doch dort verwies man auf eine Vorgabe der Stadt Wien, wonach das Spital verpflichtet sei, vorrangig die Versorgung der Wiener Bevölkerung sicherzustellen.
Die Niederösterreicherin solle sich eine Behandlungsmöglichkeit in ihrem Bundesland suchen. Dagmar W. ist fassungslos: "Seit ich 23 Jahre alt bin, wohne ich in Perchtoldsdorf, habe aber 40 Jahre lang als Beamtin für die Stadt Wien gearbeitet, bekomme meine Pension in Wien, zahle damit auch meine Steuern und Abgaben nach Wien und bekomme keinen Ambulanztermin in einem Wiener Spital." Sie ist auch bei der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA) versichert.
Das Krankenanstaltengesetz (KAG) von Wien sieht vor, dass "die Aufnahme von Patienten in öffentlichen Krankenanstalten auf Personen beschränkt ist, die Wiener Landesbürger sind oder als Fremde ihren Hauptwohnsitz in Wien haben, sofern sie anstaltsbedürftig sind oder sich einem operativen Eingriff unterziehen." Notfälle müssen trotzdem genommen werden.
Darauf verweist auch das Spital Speising. "Um längere Wartezeiten für die Wiener Bevölkerung möglichst zu vermeiden, sind wir dazu aufgerufen, bei planbaren Behandlungen und Eingriffen die Anzahl der Patienten aus den Bundesländern zu reduzieren", heißt es in einer Stellungnahme. Dabei sei der Wohnort ausschlaggebend. Gleichzeitig verweist das Spital darauf, dass Patienten nicht abgewiesen werden, sondern die Wartezeiten aufgrund dieser Vorgabe variieren können. Daher werde den Patienten empfohlen, eine Behandlung im eigenen Bundesland vorzuziehen.
Auch seitens des Büros von Gesundheitsstadtrat Hacker wird gegenüber Dagmar W. erklärt, dass es kein generelles Verbot gebe, Patienten aus anderen Bundesländern zu behandeln. Allerdings verfügt das Orthopädische Spital Speising über einen Anteil an Gastpatienten von rund 40 Prozent.
"Die Wiener Gesundheitspolitik hat daher im vergangenen Jahr darauf reagiert und ist bestrebt, die Zahl der GastpatientInnen zu reduzieren, auch um die Wartezeiten für die Wiener PatientInnen – auch im Sinne des Versorgungsauftrages des Landes Wien – zu verkürzen", heißt es.