"Wir ertragen es nicht mehr"

"Wehren uns": Bohrn Menas klagen tausende Hass-Poster

Die Bohrn Menas gehen jetzt juristisch gegen Online-Beschimpfungen vor. Auch Likes sind strafbar, sagt Anwalt Kerschbaumer. So laufen die Massenklagen
Angela Sellner
21.07.2025, 21:07
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Dem Polit-Aktivisten-Ehepaar Veronika und Sebastian Bohrn Mena reicht es jetzt. Sie waren in den letzten Jahren einer einzigartigen Hasswelle auf Social Media ausgesetzt: Morddrohungen, wüste Beleidigungen, rassistische Beschimpfungen prasselten auf sie nieder. "Jetzt wehren wir uns", so Sebastian Bohrn Mena zu "Heute".

Gemeinsam mit dem Tiroler Anwalt Robert Kerschbaumerdem Spezialisten in Österreich für den juristischen Kampf gegen Hass im Netz – und einem Prozessfinanzierer wollen die Bohrn Menas tausende Hass-Poster klagen, wenn sie nicht auf einen Vergleich eingehen.

"Jahrelang haben wir zugeschaut", so Sebastian Bohrn Mena in dem Posting zur Ankündigung der Klagsflut. "Weil wir dachten, dass wir uns das gefallen lassen müssen. Und weil wir besser sein wollten als die Rechtsextremen, die bekanntlich bei jeder Gelegenheit klagen."

Aber diese Zurückhaltung höre jetzt auf. "Weil wir es nicht länger ertragen können." Da sie einen Prozessfinanzierer gefunden hätten, der das finanzielle Risiko trägt, sei es nun möglich, dass sie sich wehren", erklärt Sebastian Bohrn Mena: "Und auch wenn es Jahre dauern sollte, wir werden dran bleiben. Solange, bis dieser Hass im Netz gegen unsere Familie endlich aufhört."

„Auch wenn es Jahre dauern sollte, wir werden dran bleiben. Solange, bis dieser Hass im Netz gegen unsere Familie endlich aufhört.“
Sebastian Bohrn MenaAktivist

Anwalt Kerschbaumer erklärt im "Heute"-Gespräch: "Die Bohrn Menas sind sicher die am meisten beleidigten Personen im Netz in Österreich. In den letzten vier bis fünf Jahren gab es da sicher über 5.000 diffamierende Postings, teils in wirklich widerlicher Sprache."

Beweise sichern und Identität ausforschen

Zur Vorgangsweise sagt Kerschbaumer, er finde und sichere die Hass-Postings mithilfe einer speziellen Software. Es würden zwecks Beweissicherung Screenshots gemacht. Die Identitäten der Poster würden ausgeforscht und die Personen dann kontaktiert. "Sie werden eingeladen, sich schriftlich bei den Bohrn Menas zu entschuldigen, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und einen Entschädigungsbetrag zu bezahlen", so der Anwalt.

Wer das nicht tue, werde straf- oder zivilrechtlich geklagt – je nach Art des Hass-Postings. Dann gehe es um weit höhere Strafen als bei dem Vergleichsangebot.

Per Like zum Beitragstäter

"Auch wenn man ein Hass-Posting liked, wird man zu Rechenschaft gezogen", erklärt Kerschbaumer. Denn die Likes würden zur Verbreitung beitragen, man gelte dann als Beitragstäter und sei genauso "dran".

„Auch wenn man ein Hass-Posting liked, wird man zu Rechenschaft gezogen.“
Robert KerschbaumerAnwalt

Bei den Klagen rechnet Kerschbaumer mit einer 100-prozentigen Erfolgsquote. Wofür es den Prozessfinanzierer brauche? "Sonst wäre es für Privatpersonen wie die Bohrn Menas finanziell nicht möglich, sich mit Klagen gegen den Mega-Shitstorm zu wehren", erklärt der Anwalt.

Hunderttausende Euro Gerichtsgebühren

Denn bei rund tausend Klagen fallen allein Gerichtsgebühren in Höhe von mehreren hunderttausend Euro an, hinzu kommen die Anwaltskosten – das streckt der Prozessfinanzierer vor.

"Hier haben wir eine eklatante Gesetzeslücke", sagt Kerschbaumer. Während es sich im Falle der Beleidigung von Beamten – zum Beispiel Polizisten oder auch Politiker – um ein sogenanntes Offizialdelikt handelt und die Staatsanwaltschaft dann bei Anzeige tätig werden muss, gilt das bei Privatpersonen, die beleidigt werden, nicht: Sie müssen die Klagen selbst durchziehen.

"Der Gesetzgeber sollte da aktiv werden und auch Beleidigungen gegen Privatpersonen als Offizialdelikte einordnen", sagt Kerschbaumer. Sonst biete das "Hass im Netz"-Gesetz in diesen Fällen nur wenig Handhabe.

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