Die von VP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer angestoßene Diskussion um Teilzeit-Arbeit nimmt Fahrt auf – nachdem er in "Heute" ein "Comeback der Leistung" durch mehr Vollzeit gefordert und vorgerechnet hatte, dass Teilzeit nicht zuletzt große Einbußen bei der späteren Pension mit sich bringt, wird die Causa auch in der Koalition kontrovers debattiert.
Fakt ist: Österreich ist ein (weibliches) Teilzeit-Land. Mehr als die Hälfte (51,2 %) der Frauen arbeiten hierzulande Teilzeit – im EU-Vergleich gibt es nur in den Niederlanden noch mehr teilzeitbeschäftigte Frauen als bei uns.
„Der wachsende Trend zur 'Lifestyle-Teilzeit' schadet dem Standort, ist weder solidarisch noch zeugt er von Verantwortungsbewusstsein gegenüber unserer Gesellschaft.“Wolfgang HattmannsdorferWirtschaftsminister (ÖVP)
Er habe vollstes Verständnis für Teilzeit, wenn es um Betreuungspflichten oder gesundheitliche Gründe gehe – nicht jedoch für "Lifestyle-Teilzeit", so Hattmannsdorfer: "Der wachsende Trend zur 'Lifestyle-Teilzeit' schadet dem Standort, ist weder solidarisch noch zeugt er von Verantwortungsbewusstsein gegenüber unserer Gesellschaft", so Hattmannsdorfer zu "Heute".
Bei anhaltender "Teilzeit-Mentalität" stellt Hattmannsdorfer Kürzungen der Sozialleistungen in den Raum. "Als Politik ist es unsere Aufgabe ehrlich zu sein und keine falschen Sicherheiten zu vermitteln: Wir brauchen ein klares Bekenntnis zu und Renaissance von Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit in Österreich, nur so können wir den Sozialstaat langfristig finanzieren."
Bei den Koalitionspartnern löst Hattmannsdorfers Position geteilte Reaktionen aus. Während Neos-Sozialsprecher Johannes Gasser den Vorstoß des VP-Ministers begrüßt, reitet die SPÖ zum Gegenangriff aus. "Es gibt keinen Grund, die – vorwiegend weiblichen – Teilzeitbeschäftigten zu kritisieren", so SP-Finanzminister Markus Marterbauer auf Bluesky. Und weiter: "Vielmehr gilt es, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern." Und die Verteilung von Kinderbetreuung & Co. gerechter zwischen Frauen und Männern aufzuteilen.
Es seien zudem mehr Arbeitgeber gefragt, so Marterbauer, "die gute Teilzeit anbieten, von der man auch leben kann".
Auch der Gewerkschaftsbund betont: Es sei keineswegs Faulheit, dass viele Frauen Teilzeit arbeiten – der Grund sei vielmehr oft fehlende Kinderbetreuung. Laut Erhebung der Statistik Austria geben tatsächlich knapp 40 % der Frauen an, Teilzeit zu arbeiten, weil sie Betreuungspflichten haben. Bei den Männern sind es 8,1%.
Nur rund jeder Vierte (Frauen 25,2 %, Männer 26,8 %) sagt, dass er/sie keinen Vollzeitjob wolle.
Kritik an der ÖVP kommt auch von der Opposition. Es brauche keinen staatlichen Druck auf Arbeitnehmer, sondern Entlastung, heißt es von der FPÖ. Die Grünen sprechen von "Bestrafungsfantasien" und plädieren dafür, die Vollzeit-Arbeitszeit zu verkürzen.
Hattmannsdorfer legt indes nach und fordert jetzt einen "Wake-up-Call" für die Menschen in Sachen Pensionseinbußen durch Teilzeit. Heißt: Die Sozialversicherung müsse über finanzielle Langfristfolgen längerer Teilzeitperioden informieren – um das Bewusstsein dafür zu schaffen. "Wir müssen Aufklärungsarbeit leisten", sagt der Minister.
„Wer langfristig in Teilzeit arbeitet, riskiert spürbare Lücken in der Pension.“Wolfgang HattmannsdorferWirtschaftsminister (ÖVP)
Der geforderte Wake-Up Call solle dazu beitragen, die Konsequenzen längerer Teilzeitperioden für die Altersvorsorge besser greifbar zu machen.
"Es geht in dieser Debatte um Bewusstsein – und um Verantwortung. Einerseits für die eigene Zukunft, denn wer langfristig in Teilzeit arbeitet, riskiert spürbare Lücken in der Pension. Andererseits aber auch für die Gesellschaft: Unser Sozialstaat basiert auf Solidarität und Beteiligung. Wenn zu viele sich aus der vollen Erwerbsarbeit zurückziehen, gerät das Gleichgewicht ins Wanken."