Schambehaftet und mit großem Leidensdruck verbunden ist es, wenn auch ältere Kinder beim Schlafen Harn verlieren. Sowohl der Nachwuchs als auch die Eltern leiden.
Die Zahlen: Rund 15 Prozent der Sechsjährigen sind mehr als dreimal wöchentlich in der Nacht richtig nass. Meist dafür verantwortlich: die Schlaftiefe, die Menge an nächtlich produziertem Urin und eine möglicherweise verzögerte Entwicklung der neurophysiologischen Steuerung.
Rund die Hälfte der Betroffenen nässen auch tagsüber ein. Die Belastung wächst dadurch zusätzlich.
"Nur bei einem von 500 Kindern ist die Inkontinenz auf ein organisches Problem wie eine Harntraktfehlbildung zurückzuführen", erklärt Primar Bernhard Haid. Er leitet die Kinderurologie am Linzer Ordensklinikum Barmherzige Schwestern. Die Ursache kann auf der Spezialambulanz chirurgisch oder konservativ behandelt werden.
Um die inkontinenten Patienten und ihre Familien optimal betreuen zu können, bietet das Krankenhaus spezielle Gruppentherapien an. Für 90 Prozent sind diese Schulungen der richtige Weg.
"Kindgerecht wird darauf hingewiesen, was bei anhaltendem Bettnässen wichtig ist, wie man das Trockenwerden üben und damit die Gesamtsituation verbessern kann", erklärt Urotherapeutin Marion Zauner. "Ganz wichtig ist es dabei, die Eltern mit ins Boot zu holen."
Die Enttabuisierung des Themas ist einer der zentralen Aspekte. Zauner: "Die Eltern und Kinder sehen, dass sie nicht allein sind mit ihrem Problem, und schon das erleichtert die Situation enorm."
„Die Eltern und Kinder sehen, dass sie nicht allein sind mit ihrem Problem, und schon das erleichtert die Situation enorm.“Primar Bernhard HaidBarmherzige Schwestern
Auch die richtige Anwendung von Klingelgeräten, die die Eltern alarmieren, wird verständlich erklärt. Übungen u.a. mit Tipps zur Trinkmenge und optimalem Toilettenverhalten werden ebenfalls zur Verfügung gestellt. "Für jedes Kind gibt es individuelle Empfehlungskonzepte", so die Expertin.
Die Kleinen sind in ihrer Entwicklung sehr unterschiedlich – daher gibt es kein Alter, ab dem sie trocken sein müssen. "Grundsätzlich ist das abgeschlossene fünfte Lebensjahr ein guter Richtwert, wobei der individuelle Leidensdruck berücksichtigt werden sollte", betont Haid.
Mit einer 20-prozentigen Wahrscheinlichkeit einer Spontanheilung sei es manchmal besser, noch ein bisschen zuzuwarten, bevor man ein Problem erschafft, wo vorher keines war. Obwohl hauptsächlich Patienten im Kindergarten- oder Volksschulalter betroffen sind, gibt es auch welche, die deutlich älter sind.