Gesundheit

"Zu leichtfertig amputiert" – Frau bereut und klagt

Camille Kiefel klagt, weil ihre psychischen Probleme übersehen worden seien und die Ärzte leichtfertig amputiert hätten. Heute bereut sie den Schritt. 

Sabine Primes
Camille Kiefel. 
Camille Kiefel. 
Screenshot Youtube/ The Get Better Researcher

Als Kind hat Camille Kiefel nie über ihre Geschlechtsidentität nachgedacht. Doch als ihre beste Freundin in der sechsten Klasse von einem Verwandten vergewaltigt wird, wird sie sich ihrer Weiblichkeit bewusst. Zu dieser Zeit erteilt ihr Vater ihr auch einen gut gemeinten Rat, der nach hinten losgeht. "Mein Vater erzählte mir, wie Männer über Mädchen reden, weil er mich beschützen und mich dazu bringen wollte, mich konservativer zu kleiden", erzählt sie gegenüber "The Post". "Aber das hat meine Ängste noch verschlimmert. Das alles hat mich wirklich fertig gemacht. Ich hatte sogar Angst, allein zu sein." Von diesem Zeitpunkt an beginnt Kiefel, sich androgyner zu kleiden. "Ich wollte meine Kurven nicht betonen. Ich fühlte mich mit meinen offensichtlichen Brüsten und Hüften nicht wohl."

Doch auf die Idee, dass sie vielleicht gar keine Frau ist, kommt Camille erst, als sie sich an der Portland State University einschreibt, wo sie im Nebenfach Geschlechterstudien studiert und alternative Ansichten über Sex und Gender kennenlernt. Mit Mitte 20 nimmt sie eine nicht-binäre Bezeichnung an und verwendet die Pronomen (she/them). Gleichzeitig kämpft sie mit einer Reihe von psychischen Problemen, darunter Angststörungen, soziale Ängste, schwere Depressionen und ADHS.

Amputation nach zwei Zoom-Meetings

Im Jahr 2020, mitten in der Pandemie, kämpft die damals 30-Jährige immer noch und glaubt, dass eine Brustamputation ihre psychischen Probleme lindern könnte. "Ich wollte einfach etwas, das mir hilft", erinnert sie sich. "Ich dachte, ich würde glücklicher werden." Sie bekommt eine Überweisung an eine große Gender-Klinik in Oregon (USA), wo sie zweimal per Zoom mit Ärzten spricht – jeweils etwa eine Stunde lang. Das war alles. Sie habe nie jemanden persönlich gesehen, bevor sie sich am 28. August 2020 die Brüste entfernen lässt. Aber das löst Kiefels Probleme nicht. Im Mai 2022 erkennt sie, dass die Operation ein Fehler war. 

Im Nachhinein bemerkt sie, wie viel ihre Ärzte übersehen hatten, als sie den Eingriff genehmigten. Sie erzählte ihnen von dem Trauma, das sie bei der Vergewaltigung ihrer Freundin erlebt hatte, und von ihren emotionalen Problemen. Dennoch gab man ihr grünes Licht für die Entfernung ihrer Brüste. Jetzt, wo es ihr psychisch besser geht, verklagt Kiefer ihre Sozialarbeiterin, ihre Therapeutin und die Ärzte. Auf Youtube lässt die junge Frau ihre Follower teilhaben:

Missbrauch der "Vertrauens- und Autoritätsposition"

Sie fordert bis zu 850.000 Dollar Schadenersatz. In der eingereichten Beschwerde beschuldigt Kiefel ihr Pflegeteam des "rücksichtslosen Missbrauchs" ihrer "Vertrauens- und Autoritätsposition als Fachkräfte für psychische Gesundheit". Kiefels Betreuer hätten mehr Zeit damit verbringen sollen, ihren Fall und ihre Geschichte von psychischen Gesundheitsproblemen zu überprüfen, anstatt eine "lebensverändernde, körperlich schädigende, irreversible" Operation effektiv abzusegnen. Auch ihr Liebesleben wurde beeinträchtigt. Kürzlich hat sich ein Partner von ihr getrennt, als er erfuhr, dass sie keine Brüste hat. Und obwohl Camille eines Tages Kinder haben könnte, wird sie nie stillen können.

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