Nach dem tödlichen Eisenbahnunglück von Riedlingen (D) am Sonntagabend suchen die deutschen Behörden mit Hochdruck nach der Unglücksursache. Ein Hangrutsch gilt als wahrscheinlich. Die Regenmengen vor Ort könnten bisher unterschätzt worden sein.
"Von den vielen Wetterstationen in der Umgebung hat wahrscheinlich keine die gesamten Regenmengen am Sonntagnachmittag und -abend erfasst", so Meteorologe Jan Schenk vom deutschen Wetterdienst weather.com.
Die bisher ausgewerteten Regen-Daten waren offenbar unvollständig: In der nahe gelegenen Ortschaft Zwiefaltendorf wurden am Sonntag 66 Liter Niederschlag gemessen, in Altheim bei Riedlingen gar nur 38,5 Liter. "Selbst beide Werte zusammen rechtfertigen keinen Hangrutsch, der mutmaßlich das Unglück ausgelöst hat", so Schenk.
Der Wetter-Experte weist allerdings darauf hin, dass im Unglücksgebiet gleich "zwei örtliche Niederschlagsereignisse kurz hintereinander" aufgetreten sind. "Die Radar-Daten verraten mehr. In Zell, direkt am Unglücksort, gab es am Sonntag gleich zweimal heftigen Starkregen", so Schenk. Diese extrem lokalen Regengüsse konnten von den beiden Wetterstationen in der Nachbarschaft nicht erfasst werden.
Zwischen 15:45 Uhr und 16:15 Uhr sei der erste starke Schauer über den angrenzenden Hügel gezogen. Zwischen 17 Uhr und 18 Uhr ist schließlich die gewittrige Kaltfront durchgegangen, die sich direkt über Zell und Riedlingen zu einer scharfen Niederschlagslinie genau zwischen Donau und Schwäbischer Alb verdichtet hat.
"Es ist anzunehmen, dass dort insgesamt deutlich über 100 Liter Regen gefallen sind und das in gerade mal zwei Stunden. Diese Art von Starkregen hat ganz offenbar den Hang destabilisiert", erklärt Schenk die Ursache des Unglücks.
Ob es auch bauliche Mängel gab, ist noch unklar. Doch das Zugunglück zeige, "dass lokaler Starkregen ernst genommen werden muss. Auch bei einer scheinbar harmlosen Gewitterlage, bei der zwar viel, aber nicht übermäßig viel Regen gemessen wird, kann ein Extremereignis auftreten, das vom dichten Messnetz nicht erfasst" werden, sagt Schenk.
Klimakrise verschärft Extremwetter-Ereignisse
Einzelne Extremereignisse lassen sich meist nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen. Fakt ist laut UN-Weltklimarat: Durch die Klimakrise werden Extremwetter-Ereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitzewellen häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.