Ein Paar aus Graz soll innerhalb von mehr als 35 Jahren insgesamt zwölfmal die Ehe geschlossen und ebenso oft wieder geschieden worden sein. Laut ersten Ermittlungen sollen sie sich auf diese Weise rund 326.000 Euro von der Pensionsversicherung erschlichen haben. Wie die "Kleine Zeitung" berichtet, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs jedoch ein.
Die heute 74-jährige Witwe hatte nach dem Tod ihres ersten Ehemanns im Jahr 1982 ihren zweiten Mann zum ersten Mal geheiratet. Sechs Jahre später ließ sie sich von ihm scheiden – und hatte damit erneut Anspruch auf die Witwenpension ihres verstorbenen ersten Gatten. Das Paar, das all die Jahre im gemeinsamen Haushalt lebte, tätigte dieses Vorgehen bis 2022 weitere elf Mal: Nach jeder Scheidung wurde der Frau von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) die Witwenpension gewährt, und nach jeder darauffolgenden Wiederheirat erhielt sie zusätzlich eine Abfertigung in Höhe des 35-fachen Betrags der Witwenpension.
Doch nach der zwölften Scheidung verweigerte die PVA die Auszahlung. Die Frau klagte daraufhin, blieb jedoch erfolglos: Die Vorinstanzen sahen in dem Vorgehen eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Scheidungsrechts und wiesen ihre Klage ab. Unzufrieden mit der Abweisung, zog die 74-Jährige vor den Obersten Gerichtshof. Im März 2024 bestätigt dieser jedoch das Urteil des Erstgerichts.
Strafrechtliche Ermittlungen wurden eingeleitet, die nach Abschluss den Verdacht bestätigten, dass das Ehepaar bewusst diese Vorgehensweise wählte, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Der entstandene Gesamtschaden wurde damals auf mehr als 326.000 Euro geschätzt. Das Ehepaar wurde anschließend bei der Staatsanwaltschaft Graz angezeigt.
Die Staatsanwaltschaft entschied jedoch nun, das Verfahren einzustellen. "Der Tatbestand des Betrugs verlangt ausdrücklich, dass getäuschte und verfügende Personen identisch sein müssen. Tritt der Schaden erst durch eine weitere Handlung des Täters oder eines Dritten ein, fehlt es an der Unmittelbarkeit und es liegt daher kein Betrug vor", heißt es in der Begründung.
Getäuscht wurde in diesem Fall ausschließlich der jeweils zuständige Scheidungsrichter im Zivilverfahren. Strafrechtlich ist das jedoch irrelevant. Die PVA selbst wurde vom Paar nicht direkt belogen, da für die Gewährung der Witwenpension lediglich der formale Nachweis einer Scheidung bzw. Eheschließung erforderlich ist – und dieser lag in jedem Fall ordnungsgemäß vor.
In der vorliegenden Causa sind somit die getäuschte Person (Scheidungsrichter oder Standesbeamter) und jene Institution, die die Vermögensverfügung trifft (die PVA), voneinander getrennt. Da zwischen beiden keine rechtliche oder faktische Verbindung besteht, ist bereits der Tatbestand des Betrugs objektiv nicht erfüllt.
"Es handelt sich bei dem vorliegenden Fall um einen bedauerlichen Einzelfall", heißt es von Seiten der PVA. "Auch habe man als Pensionsversicherungsanstalt keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts, muss dessen Entscheidung anerkennen und nach der Scheidung neuerlich die Witwenpension zuerkennen". Der angenommene Schaden wird aus Datenschutzgründen nicht genannt, dürfte jedoch weit weniger sein als zu Beginn angenommen.