Gesundheit

KI erleichtert Diabetesmanagement bei Kleinkindern

Handy-App, Glukosesensor und Insulinpumpe sollen die Blutzucker-Einstellung bei den Kleinen sicher und effektiv verbessern und die Eltern entlasten.

Sabine Primes
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Diabetes ist mittlerweile eine Volkskrankheit - von jung bis alt.
Diabetes ist mittlerweile eine Volkskrankheit - von jung bis alt.
Getty Images/iStockphoto

Die Behandlung von Typ-1-Diabetes bei Kleinkindern ist aufwendig und raubt Eltern buchstäblich den Schlaf. Denn der Blutzucker muss nicht nur untertags mehrmals gemessen werden. Auch während der Nacht bedarf es mehrmaliger Blutzucker-Kontrollen und gegebenenfalls einer Insulin- oder Kohlenhydratzufuhr. Kleinkinder haben ausgeprägte Blutzuckerschwankungen, einen sehr geringen Insulinbedarf und ein unvorhersehbares Ess- und Bewegungsverhalten. Sinkt der Blutzucker zu stark und plötzlich, kann das zu Bewusstlosigkeit und Krampfanfällen führen. Ein zu lange anhaltender hoher Blutzuckerspiegel kann lebensbedrohlich sein.

App, Glukosesensor und Insulinpumpe

Künstliche Intelligenz (KI) kann den Alltag von Kleinkindern mit Typ-1 Diabetes erleichtern und verbessert die Blutzuckereinstellung der Betroffenen. Das hat das kürzlich abgeschlossene EU-Projekt "KidsAP" ergeben, an dem auch die Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck beteiligt waren. Im Rahmen der Studie wurde ein von der Universität Cambridge entwickeltes "Closed-Loop-System" - Glukosemanagement getestet, das Handy-App, Glukosesensor und Insulinpumpe umfasst.

KI entlastet Eltern

Moderne Technologien wie die sensorunterstützte Insulinpumpentherapie haben sich bei Kindern bereits bewährt, hieß es vonseiten der Verantwortlichen. Bei den bisherigen Systemen sei jedoch die Unterstützung der Eltern, die den Glukosespiegel ihres Kindes laufend überprüfen und dann die von der Pumpe verabreichte Insulinmenge manuell anpassen müssen, notwendig. Die nun abgeschlossene Studie zeigt: In Verbindung mit künstlicher Intelligenz, einem Algorithmus zur Steuerung des sogenannten "Closed-Loop-Systems", lassen sich die hohe Belastung der Eltern verringern und das Glukosemanagement erheblich verbessern.

Für die lückenlose Anpassung des Glukose- und Insulinbedarfs muss die Betreuungsperson lediglich zu den Mahlzeiten Insulin verabreichen, zu allen anderen Zeiten arbeitet der Algorithmus von selbst, um den programmierten Glukosezielwert zu erreichen und stabil zu halten. Denn basierend auf vorhergesagten oder Echtzeit-Glukosewerten wird die abgegebene Insulinmenge automatisch angepasst.

Tests auch in Graz, Innsbruck und Wien

Dieses System wurde an insgesamt 74 Kindern zwischen 1 und 7 Jahren in sieben Studienzentren - darunter Cambridge, Leeds, Luxemburg, Leipzig, Graz, Innsbruck und Wien - getestet. Die teilnehmenden Kinder verwendeten 16 Wochen lang das von der App gesteuerte System und anschließend 16 Wochen lang die Kontrollbehandlung mit der herkömmlichen sensorunterstützten Insulinpumpentherapie.

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    Die Auswertung der Daten ergab, dass die Kinder zusätzliche 125 Minuten pro Tag länger im Zielbereich waren, berichteten die Mediziner. Zusätzlich zu dieser Verbesserung konnte auch die Zeit mit erhöhten Blutzuckerwerten mit der Hilfe des Closed-Loop-Systems um neun Prozentpunkte verringert werden. Die Leiterinnen der drei österreichischen Studienzentralen berichteten zudem von Eltern, die das Closed-Loop-System als "enorme Erleichterung sowohl tags- wie auch nachtsüber" eingestuft hatten.

    Erhältlich, aber noch nicht von der Krankenkasse übernommen

    Der Algorithmus sei mittlerweile CE-zertifiziert und ab dem 1. Lebensjahr zugelassen, informiert Sabine Hofer, Leiterin der Diabetes-Ambulanz an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Pädiatrie 1 zur APA. Interessierte können ihn käuflich erwerben. "Leider werden die Kosten in Österreich noch nicht von der Krankenkasse übernommen, die Verhandlungen dazu laufen", fügte Hofer hinzu. In den drei Zentren in Wien, Graz und Innsbruck werden Patienten nach Kauf des Algorithmus eingestellt und medizinisch betreut.