Illegales Glücksspiel

500.000 Euro online verzockt – Anwalt holt Geld zurück

Ein Wiener IT-Profi verlor fast eine halbe Million Euro beim Online-Glücksspiel – und holte sich das Geld vor Gericht wieder zurück.
Wien Heute
20.06.2025, 22:23
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Marco G. (Name geändert) arbeitet in der IT, verdient gut – doch landet tief in der Glücksspielspirale. "Ich kam eigentlich aus dem semi-professionellen Sport, aber kurz vor Corona hab ich aus Langeweile zu spielen begonnen. Am Wochenende, mit ein paar Bier – und dann spielt man plötzlich Tage lang."

Bald ist alles außer Kontrolle. Fast eine halbe Million Euro verzockt er bei Online-Casinos, viele ohne österreichische Lizenz. "Ich wusste nicht mal, dass das illegal ist", sagt er heute. "Du verdrängst alles. Ich saß nur noch am Handy. Meine Familie hat ein Notgespräch mit mir geführt."

Gericht statt Glücksspiel: So kam das Geld zurück

Was viele nicht wissen: Wer bei nicht lizenzierten Online-Casinos spielt, kann seine Verluste bis zu 30 Jahre rückwirkend einklagen. Die Anbieter – oft mit Sitz in Malta oder der Karibik – dürfen laut österreichischem Glücksspielgesetz gar keine Einsätze annehmen.

Marco hat das nur durch Zufall erfahren: "Ein Freund hat's mir erzählt. Ich dachte zuerst, das ist ein Fake. Aber dann hab ich mich gemeldet – und innerhalb weniger Minuten hatte ich ein Beratungsgespräch." Nach vier Monaten kam das erste Geld zurück. "Ich war einfach nur erleichtert. Der erste Glücksmoment seit Ewigkeiten."

Wer hilft beim Zurückholen?

Inzwischen haben sich viele Anwälte sogenannte Prozessfinanzierer (Dienstleister) auf diese Rückforderungen spezialisiert. Laut der Plattform EasyClaims – die mit einem Netzwerk aus Anwälten wie zum Beispiel Dr. Oliver Peschel arbeitet – kommen monatlich hunderte Anfragen rein.

"Der Staat erlaubt es, dass mit österreichischer IP gespielt wird, obwohl die Anbieter hier gar keine Lizenz haben", so EasyClaims. "Das ist, als würde man Kokain verkaufen, obwohl es verboten ist und trotzdem dafür Steuern zahlen."

Die Erfolgsquote ist hoch: "Wenn die Voraussetzungen passen, bekommt man in den meisten Fällen sein Geld zurück", so die Geschäftsführung von EasyClaims. Voraussetzungen dafür sind: Man muss volljährig sein, selbst gespielt haben und die Zahlungen müssen belegbar sein. Mittlerweile melden sich immer häufiger junge Männer – oft mit Migrationshintergrund oder aus einkommensschwachen Verhältnissen – bei den Rückforderungsstellen.

Die Casino-Reaktionen: Bonus statt Reue

Einige Anbieter reagieren mit Druck oder absurden Angeboten. "Ich wurde angeschrieben, ob ich nicht doch wieder spielen will – sie wollten mir sogar einen Bonus gutschreiben", erzählt Marco. Andere ignorieren Urteile oder sitzen ihre Klagen aus. Besonders auffällig: Lottoland, Mr. Green, PokerStars und die gesamte N1-Casino-Gruppe gelten laut Insidern als besonders hartnäckig. Andere Anbieter wie etwa Bwin zahlen hingegen häufig ohne Widerstand – sie wollen sich keine weiße Weste beschmutzen, da sie in anderen Ländern über gültige Lizenzen verfügen oder sich um solche bemühen.

💡 Wichtig zu wissen:

-Rückforderung möglich bei Anbietern ohne österreichische Lizenz

-Bis zu 30 Jahre rückwirkend Verfahren dauert ca. 3–5 Monate Rückzahlungen sind steuerfrei

-Hilfe gibt’s bei spezialisierten Anwälten und Plattformen (z.B. EasyClaims)

Spielsucht und Scham

"Die meisten schämen sich, darüber zu reden", sagt die Geschäftsführung von EasyClaims. "Aber es ist wie bei Alkoholismus – niemand ist davor gefeit." Zwar muss man in den meisten Fällen persönlich vor Gericht erscheinen, der Termin ist aber kurz, diskret und dauert oft nur wenige Minuten. Laut Betroffenen ist die Erfahrung meist weniger belastend als befürchtet.

Marco ist mittlerweile spielsuchtfrei, war in Therapie. Seine Meinung zum System ist deutlich: "Die Politik nimmt Steuern ein, tut aber nichts für den Schutz. Das ist absurd", sagt der Betroffene. Er glaubt nicht, dass sich dadurch viel ändern wird: "Wer spielen will, wird es sowieso tun."

Für viele beginnt die Sucht mit einem Spiel – und endet im finanziellen und emotionalen Chaos. Doch immer mehr Betroffene finden nun einen Weg zurück: mit rechtlicher Hilfe, Geduld und dem Mut, sich dem eigenen Absturz zu stellen. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das Geld jemals wiedersehe“, sagt der Betroffene heute. „Jetzt hoffe ich einfach, dass andere früher die Reißleine ziehen.“

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 20.06.2025, 22:54, 20.06.2025, 22:23
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