"Müssen über Umsiedlung reden"

Angst in den Alpen – "Wasser-Bomben" bedrohen Dörfer

In den Alpen nehmen Erdrutsche, Felsstürze und sogenannte "Wasser-Bomben" rasant zu. Ein italienischer Geologe warnt: Schutzbauten reichen nicht mehr.
Bernd Watzka
25.07.2025, 07:30
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Die Alpen "wackeln": Immer öfter reißen Erdrutsche ganze Hänge mit sich, verwandeln Bäche in Sturzbäche und bedrohen Dörfer wie zuletzt Blatten im Schweizer Wallis. Besonders betroffen: die Dolomiten in Italien und die Schweizer Alpen. Der renommierte Geologe Piero Gianolla von der Uni Ferrara läutet jetzt die Alarmglocken.

Sintflutartige Regenfälle

"Wir brauchen ein radikales Umdenken", sagt Gianolla im Talk mit "Il Dolomiti". Die Gesteine in den Dolomiten brechen demnach immer leichter, besonders bei Regen und in Störungszonen. Immer häufiger komm es zudem zu "Bombe d’acqua" (dt. Wasser-Bomben) - das sind sintflutartige Regenfälle, die Massen an Schutt und Geröll ins Tal spülen.

Permafrost taut auf, Gletscher sterben

Besonders kritisch sei die Lage in Dolomiten-Orten wie Cancia (Nähe Cortina d'Ampezzo), wo jedes Jahr neue Hangrutschungen registriert werden. Der Gletscher-Rückgang, auftauender Permafrost und steile Hänge verschärfen die Lage.

Schutzbauten reichen nicht aus

Bisher setzen Gemeinden auf Dämme und sogenannte Briglie - Quermauern zur Hang-Stabilisierung. Doch laut Gianolla ist das zu wenig: "Diese Schutzbauten sind notwendig, aber nicht ausreichend. Das Restrisiko bleibt." Sein Vorschlag: Gefährdete Orte müssten mittelfristig übersiedelt werden. "Es geht nicht darum, Menschen wegzuschicken. Sondern um eine nachhaltige Zukunft."

Wie die Klima-Erwärmung die Alpen bedroht

  • 1. Gletscherschwund: Die Alpengletscher schmelzen rasant. In den letzten 100 Jahren haben sie mehr als die Hälfte ihres Volumens verloren – ein Trend, der sich beschleunigt. Das verändert Wasserhaushalt, Landschaft und Tourismus massiv.
  • 2. Permafrost taut auf: Permafrost – gefrorener Boden in höheren Lagen – wirkt wie ein Kleber für die Berge. Taut er auf, verlieren Felsen und Geröll ihren Halt. Folge: Immer mehr Steinschläge, Erdrutsche und Felsstürze.
  • 3. Zunahme von Extremwetter: "Bombe d’acqua", also heftige Starkregen, häufen sich. Kleine Bäche schwellen in Minuten zu zerstörerischen Sturzbächen an. Dämme und Schutzmauern stoßen an ihre Grenzen.
  • 4. Artensterben und Naturwandel: Pflanzen und Tiere wandern in höhere Lagen. Doch oben wird’s eng. Viele Arten verlieren ihren Lebensraum – ein Wettlauf gegen die Zeit.
  • 5. Wirtschaftliche Folgen: Tourismus, Landwirtschaft und Wasserversorgung geraten unter Druck. Skigebiete kämpfen mit Schneemangel, Almen mit Trockenheit.
  • 6. Risiko für Siedlungen: Immer mehr Dörfer sind durch Lawinen, Muren und Überschwemmungen bedroht. Experten fordern: Über Umsiedlungen muss ernsthaft nachgedacht werden.

Strategie gegen Bergstürze

Auch in der Schweiz spitzt sich die Lage zu. Nach einem Gletscherabbruch im Lötschental mussten hunderte Menschen evakuiert werden. Experten schlagen Alarm: "An vielen Orten ist ein Eingriff mit schwerem Gerät gar nicht mehr möglich." Gianolla fordert jetzt eine breit angelegte Strategie mit politischer Rückenstärkung: "Es braucht eine gemeinsame Lösung mit den Menschen vor Ort."

{title && {title} } bw, {title && {title} } Akt. 25.07.2025, 07:53, 25.07.2025, 07:30
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