Die Alpen "wackeln": Immer öfter reißen Erdrutsche ganze Hänge mit sich, verwandeln Bäche in Sturzbäche und bedrohen Dörfer wie zuletzt Blatten im Schweizer Wallis. Besonders betroffen: die Dolomiten in Italien und die Schweizer Alpen. Der renommierte Geologe Piero Gianolla von der Uni Ferrara läutet jetzt die Alarmglocken.
"Wir brauchen ein radikales Umdenken", sagt Gianolla im Talk mit "Il Dolomiti". Die Gesteine in den Dolomiten brechen demnach immer leichter, besonders bei Regen und in Störungszonen. Immer häufiger komm es zudem zu "Bombe d’acqua" (dt. Wasser-Bomben) - das sind sintflutartige Regenfälle, die Massen an Schutt und Geröll ins Tal spülen.
Besonders kritisch sei die Lage in Dolomiten-Orten wie Cancia (Nähe Cortina d'Ampezzo), wo jedes Jahr neue Hangrutschungen registriert werden. Der Gletscher-Rückgang, auftauender Permafrost und steile Hänge verschärfen die Lage.
Bisher setzen Gemeinden auf Dämme und sogenannte Briglie - Quermauern zur Hang-Stabilisierung. Doch laut Gianolla ist das zu wenig: "Diese Schutzbauten sind notwendig, aber nicht ausreichend. Das Restrisiko bleibt." Sein Vorschlag: Gefährdete Orte müssten mittelfristig übersiedelt werden. "Es geht nicht darum, Menschen wegzuschicken. Sondern um eine nachhaltige Zukunft."
Auch in der Schweiz spitzt sich die Lage zu. Nach einem Gletscherabbruch im Lötschental mussten hunderte Menschen evakuiert werden. Experten schlagen Alarm: "An vielen Orten ist ein Eingriff mit schwerem Gerät gar nicht mehr möglich." Gianolla fordert jetzt eine breit angelegte Strategie mit politischer Rückenstärkung: "Es braucht eine gemeinsame Lösung mit den Menschen vor Ort."