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Analyse: Hat Gregoritsch die U21-Chance vercoacht?

Euphorie nach dem 2:0 über Serbien. Ernüchterung nach dem 1:3 gegen Dänemark. Die Fehler hinter der vergebenen U21-Chance.

Heute Redaktion
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Österreich verlor gegen Dänemark 1:3. Die Entscheidungen von Teamchef Werner Gregoritsch werden von Reporter Sebastian Klein unter die Lupe genommen.
Österreich verlor gegen Dänemark 1:3. Die Entscheidungen von Teamchef Werner Gregoritsch werden von Reporter Sebastian Klein unter die Lupe genommen.
Bild: GEPA-pictures.com

Österreichs Traum vom Halbfinale bei der U21-EM in Italien rückte in weite Ferne. Der Auftakt war genial. 2:0 gegen Serbien. Ein unerwarteter Sieg. Ein Sommermärchen schien sich anzubahnen. Fans sahen Tempo-Fußball. Ein junges ÖFB-Team, das ein rosiges Bild unserer Zukunft zeichnete.

Das zweite Gruppenspiel brachte die große Ernüchterung. Nur das Wappen auf der Brust und (die meisten) Namen auf dem Rücken erinnerten noch an den glorreichen Auftaktsieg. Österreich ging gegen Dänemark unter (1:3). Zumindest spielerisch. Dass das Spiel lange offen blieb, war der mangelnden Chancenauswertung des Gegners und dem entscheidenden Zentimeter-Glück (zwei Mal Stange, Abseitstor) zuzuschreiben. Der Jüngste, Christoph Baumgartner, hätte beim Stand von 1:1 sogar per Elfmeter die Führung erzielen können, verschoss aber.

So hält Österreich wie Dänemark nach zwei Spielen bei je drei Punkten. Serbien ist mit null Zählern aus dem Rennen. Deutschland gewann zwei Mal und steht vor dem Halbfinal-Einzug. Zur Erinnerung: Nur die drei Gruppensieger und der beste Zweite steigt auf. Im letzten Gruppenspiel muss das ÖFB-Team Deutschland besiegen (Sonntag, 21 Uhr).

Wie erklärt Teamchef Werner Gregoritsch die Niederlage? "Ich werfe der Mannschaft nichts vor. Wir haben im ersten Spiel sehr viel Kraft gelassen, haben jetzt nicht diese Aggressivität auf den Platz gebracht. In der zweiten Halbzeit haben wir durch das Tor Luft bekommen. Die Niederlage ist sehr schade, weil sich die Mannschaft trotzdem sehr gut präsentiert hat."

Gregoritsch schiebt die Pleite auf Müdigkeit. Drei Tage lagen zwischen den beiden EM-Auftritten seines Teams. Die Dänen hatten gleich viel Zeit zur Regeneration. Sie traten aber bedeutend aktiver auf. Müdigkeit könnte eine mögliche Erklärung für den Durchhänger von einzelnen Akteuren sein, wie Schlüsselspieler Xaver Schlager, der nicht seine gewohnte Dominanz auf den Platz brachte, oft einen Schritt zu spät kam.

Als universelle Erklärung greift der Kräfteverschleiß aus Spiel eins aber zu kurz. Ja, Dänemark rotierte auf vier Positionen, Österreich nur auf zwei. Es waren aber ausgerechnet die frischen Spieler, die auf Seiten des ÖFB-Teams am meisten enttäuschten. Mit Ansage.

Der offensive Wechsel war erzwungen. Hannes Wolf verletzte sich bekanntlich schwer, stand nicht mehr zu Verfügung. Für ihn kam "Neuner" Marko Kvasina in die Startelf. Honsak wich auf links aus. Der Wechsel kostete Österreich an vorderster Front Dynamik. Vom Angriffspressing der Serbien-Partie war wenig zu erkennen.

In diesem Punkt hat Gregoritsch Recht, wenn er von mangelnder Aggressivität spricht. Das Problem war aber hausgemacht. Er hatte sich für Stoßstürmer Kvasina entschieden. Nach 55 ertraglosen Minuten wich Kvasina dem pfeilschnellen Husein Balic.

Viel gravierendere Auswirkungen auf den Spielverlauf hatte die zweite neue Personalie: Marco Friedl. Er ersetzte zur Verwunderung vieler Beobachter Maximilian Ullmann als Linksverteidiger. Ein strategischer Bauchfleck.

Der Bayern-Leihspieler kam bei Werder Bremen auf 472 Bundesliga-Minuten. Die absolvierte er als Innen- oder Rechtsverteidiger.

Gegen Dänemark kam er also völlig kalt in den zweifelhaften Genuss, die linke Abwehrseite gegen den großen Star des Gegners zu verteidigen: Robert Skov. Bei Kopenhagen schoss er in der abgelaufenen Saison 32 Tore. Friedl war mit seinen Tempodribblings maßlos überfordert.

Auch nach Skovs Auswechslung wurde es nicht besser. Beim Kontertor zum 3:1 ließ ihn Joker Andreas Skov Olsen nicht gut aussehen.

Die Entscheidung für Friedl in der Startelf ist nur schwer nachzuvollziehen. Maximilian Ullmann hatte gegen Serbien überzeugt. Im Gegensatz zu Friedl mangelt es ihm nicht an Erfahrung und Spielpraxis. Seit zwei Jahren ist er beim LASK links hinten gesetzt. Heuer spielte Ullmann in jedem einzelnen Bewerbsspiel der Linzer. Er verfügt über jene Dynamik, die das ÖFB-Team gegen Dänemark schmerzlich vermissen ließ.

Ärgerlich: Österreich offenbarte taktische Schwächen, die in dieser Form nicht nötig gewesen wären. Schon in unserer Vorschau haben wir auf "heute.at" auf die große Gefahr auf beiden dänischen Außenbahnen hingewiesen. Drei Kicker machten wir als Schlüsselspieler aus: Skov, Bruun Larsen, Maehle (gegen Deutschland noch auf der Bank).

Die Warnung scheint die entscheidenden Personen nicht erreicht zu haben.

Skov perforierte die linke Verteidigungsseite unter Mithilfe von Ajax-Ersatzmann Rasmus Kristensen (Rechtsverteidiger). Links trieben Dortmunds Jacob Bruun Larsen und der quirlige Joakim Maehle von Genk ihr Unwesen. Keinen der Genannten bekam das ÖFB-Team nur annähernd in den Griff.

Bruun Larsen entwischte Sandro Ingolitsch (Rechtsverteidiger) mehrfach. Er hätte einen groben Abwehrschnitzer der Innenverteidiger Danso und Posch, die parallel zum Kopfball vorrückten, zur Führung genutzt, wäre ihm nicht die VAR-Abseitslinie in die Quere gekommen.

Maehle wurde durch seinen Doppelpack zum Matchwinner. Skov scheiterte am Aluminium.

Alles lief bei Dänemark über die Außenbahnen. Fast mit jedem Angriff konnten sie ohne große Gegenwehr in den Sechzehner eindringen.

Dabei unverständlich: Es war nicht nur der individuellen Klasse und Schnelligkeit der Gegner geschuldet, dass sie immer wieder entwischten. Viele Chancen wären zu verhindern gewesen, wenn die österreichische Viererkette ihre Ordnung besser gehalten hätte. Ingolitsch schob mehrfach aggressiv nach vorne, konnte den Ball nicht gewinnen.

Damit riss er hinter ihm große Lücken auf. Danso musste nach rechts hinaus schieben. Dadurch eröffneten sich im Zentrum neue Räume. Ein Domino-Effekt, der den Beobachter fragend zurückließ.

Ohne selbst so recht zu wissen, wie, blieb Österreich lange im Spiel. Selbst nach dem 1:2 durften die heimischen Youngsters weiter hoffen. Die Schlussoffensive fiel ähnlich zahnlos aus, wie die rund 80 vorhergehenden Minuten.

Der Aufbau funktionierte zaghaft. Zwei hochstehende Angreifer der Dänen, manchmal nur einer, reichten, um gleich mehrere Österreicher zuzustellen. Kaum Dynamik, noch weniger Ideen.

Gregoritsch' Reaktion: Ein zusätzlicher Stürmer musste her. So weit, so verständlich. Dass seine Wahl nicht auf den in Hochform agierenden Sasa Kalajdzic, sondern auf Altach-Bankerlwärmer Adrian Grbic fiel, sorgt für Stirnrunzeln. Der technisch beschlagene Zwei-Meter-Riese Kalajdzic war in der zweiten Saisonhälfte die Lebensversicherung der Admira. Grbic verbrachte diese Zeit bei seinem Arbeitgeber in der Zuseherrolle.

Seine Ausbeute in acht Minuten plus Nachspielzeit: Sein Ballverlust leitete den Konter zum entscheidenden 1:3 ein.

Selbst der vergebene Elfmeter von Baumgartner wirft kein gutes Licht auf seinen Trainer. Der Hoffenheim-Legionär war frisch in der Partie, der Jüngste seines Teams. Der scharfe, flache Schuss wurde von Leicester-Schlussmann Daniel Iversen aus dem rechten Eck gefischt.

Gregoritsch verriet im Anschluss, dass Baumgartner nicht als Schütze vorgesehen war. "Aber als Trainer hast du da an der Seitenlinie keinen Einfluss." Mag stimmen. Diese Aussage zeugt dennoch nicht von großer Souveränität.

Baumgartner hatte sich gut gefühlt. "Horvath und Danso waren eigentlich vorgesehen", so der Teamchefs, der sich vor seinen Spieler stellt: "Aber Baumgartner als Schuldigen herauszupicken, ist sicher der falsche Weg." Ja, Herr Gregoritsch, das tun wir auch nicht ...

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