Seit Donald Trump wieder US-Präsident ist, geht es auf und ab an den Börsen. Erst am Donnerstag herrschte noch Euphorie, weil ein US-Gesetz Trumps Zölle auf US-Importe für rechtswidrig erklärte. Kurz darauf folgte der nächste Taucher, weil ein Berufungsgericht die Entscheidung aufhob.
Jetzt lässt Trump die Aktionärinnen und Aktionäre wieder zittern. Im US-Gesetz zur Steuerreform verbirgt sich ein Kapitel, das gravierende Konsequenzen für alle Ausländerinnen und Ausländer hätte, die in US-Aktien investieren, wie die "Welt" schreibt.
Trump will das über 1000 Seiten umfassende Steuergesetz gerade durch den US-Kongress bringen. Darin findet sich die sogenannte Section 899, die nun an der Wall Street, aber auch weltweit Alarm auslöse. Dieser Abschnitt trägt den Titel Durchsetzung von Rechtsmitteln gegen unfaire ausländische Steuern.
Der Absatz sieht eine Erhöhung der Steuersätze für Einzelpersonen und Unternehmen aus Ländern vor, deren Steuerpolitik Trump als unfair erachtet. Dazu gehören etwa die EU mit ihren Steuern auf Tech-Unternehmen, aber auch die Schweiz mit ihrem Bekenntnis zur OECD-Mindeststeuer.
Analysten befürchten dadurch drastische Strafsteuern nach Gutdünken. So gehört zum Gesetz eine Erhöhung der Steuersätze auf Zinsen und Dividenden. Sie sollen zunächst um fünf Prozentpunkte steigen und dann jährlich um weitere fünf Punkte bis maximal 20 Prozentpunkte über dem üblichen Satz.
Mit der Bestimmung mache Trump die US-Kapitalmärkte per Gesetz zu einer Waffe, zitiert die Zeitung George Saravelos, Leiter der Devisenanalyse der Deutschen Bank. Das Gesetz stelle den offenen Charakter der US-Kapitalmärkte infrage, indem sie die Besteuerung ausländischer Beteiligungen an US-Vermögenswerten explizit als Druckmittel zur Förderung wirtschaftlicher Ziele der USA einsetze. "Wir sind der Ansicht, dass dieses Gesetz der US-Regierung Spielraum eröffnet, einen Handelskrieg nach Belieben in einen Kapitalkrieg zu verwandeln."
Falls das Gesetz auch im US-Senat durchkommt und bis es dann in Kraft tritt, dauert es noch eine Weile. Matthias Geissbühler, Anlagechef von Raiffeisen Schweiz, schätzt, dass Anlegerinnen und Anleger noch bis Ende des Jahres Zeit haben, um zu reagieren. "Ich empfehle, abzuwarten", sagt Geissbühler.
Da sich das Gesetz auf bestimmte Erträge wie Dividenden und Zinsen beschränkt, dürften kleinere Anlegerinnen und Anleger weniger stark betroffen sein. Zumal US-Firmen meist keine hohen Dividenden zahlten. Aber für institutionelle Anleger wie Pensionskassen wären die Steuern schmerzhaft und möglicherweise ein Grund, sich von ihren US-Investitionen und insbesondere den amerikanischen Staatsanleihen zu trennen, so Geissbühler.
Donald Trump spricht von einem hübschen, großen Gesetz. "Er glaubt an eine Win-win-Situation für die USA", sagt Geissbühler. Damit könne er Druck aufsetzen, damit andere Länder ihre Steuern gegen US-Konzerne reduzieren oder abschaffen. Falls das nicht gelingt, habe er trotzdem eine zusätzliche Einnahmequelle für den US-Staat aus dem Ausland.
Das Gesetz dürfte den Trend zum Kapitalabzug aus den USA in andere Weltregionen und Anlagen wie Gold seit den Zollunsicherheiten noch verstärken. Die Flucht aus den USA zeige sich bereits an der Dollarschwäche. So hat der Dollar seit Trumps Präsidentschaft gegenüber dem Franken bereits über 9 Prozent an Wert verloren. Doch auch das sei im Sinne Trumps, um der US-Exportindustrie zu helfen.
Schlussendlich schade Trump mit seinen Maßnahmen aber der gesamten Weltwirtschaft. "Man muss das große Bild im Auge behalten. Die Verunsicherung wird wohl noch für eine längere Zeit anhalten. Das bremst die Konjunktur, weil Unternehmen ihre Investitionen und Konsumenten ihre Ausgaben zurückhalten. Das schadet der Börse und der Wirtschaft langfristig", sagt Geissbühler.