Aufgrund der Lieferengpässe in den vergangenen Jahren haben 84 Prozent der heimischen Apotheken auf Eigenherstellung der fehlenden Arzneien gesetzt. So lautet ein Ergebnis einer neuen Befragung im Rahmen einer Studie, für die Pharmazeuten und Patienten befragt wurden. Die Studie wurde von 2023 bis heuer durchgeführt.
30 Prozent der Patienten seien von den Arzneiengpässen betroffen gewesen. Studienleiter Olaf Rose von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg erklärt: "Das ist natürlich auch ein Riesen-Kostenfaktor". Denn einen Lieferengpass in einer Apotheke zu beheben, dauert laut den Befragten im Schnitt zwölf Minuten. 60 betroffene Patienten pro Tag mal zwölf Minuten bedeute, dass Apotheken jeweils zwölf Stunden am Tag nur mit Lieferengpässen beschäftigt sind oder zum Zeitpunkt der Befragung waren.
Die Kunden seien insgesamt sehr verunsichert, gaben den Apothekern aber nur teilweise Schuld an den Engpässen. 87 Prozent sahen die Politik in der Verantwortung.
Mit den von den Apotheken angebotenen Lösungen zeigten sich die Kunden "einigermaßen zufrieden". Am häufigsten kam es zu einem Wechsel auf ein anderes Medikament, gefolgt von einer kurzen Verzögerung bis zur Verfügbarkeit des benötigten Produkts.
Die Pharmazeuten wünschten sich von der Politik mehr Freiheiten bei der Problemlösung und bessere Kommunikationsmöglichkeiten mit Ärzten.
In einem früheren "Heute"-Interview erklärte ein Experte, warum es zu Medikamentenengpässen kommen kann. Vorherrschend dafür seien zwei Gründe:
Erstens sei die Auslagerung der Produktion nach China und Indien. Da die Arzneimittelwirkstoffe aus Kostengründen zunehmend dort hergestellt werden, bestehe die Gefahr, dass verhängte Sperren und Reisebeschränkungen Auswirkungen auf die Produktion und Lieferung von Wirkstoffen und damit auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln für den globalen Markt haben. "Diese Auslagerung fällt Europa auf den Kopf", meinte Wolfgang Müller von der Österreichischen Apothekerkammer.
Das zweite Problem sei der Zusammenschluss von Pharmaunternehmen: Dadurch würden gewisse Wirkstoffe zunehmend nur mehr von einem Unternehmen hergestellt und das oft auch nur mehr an einem einzigen Ort. Fällt dort die Produktion aus, fehlt das entsprechende Arzneimittel auf dem gesamten Weltmarkt. In diesem Fall müsse, soweit möglich, auf ein wirkstoffalternatives Ersatzpräparat ausgewichen werden.
Eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa sei aber so gut wie ausgeschlossen, weil nicht finanzierbar, so ein weiteres Ergebnis der Befragung, die für die Herstellerseite den Generikaverband befragte.
Eines der größten Probleme sei, dass es nur mehr wenige leistbare Lieferanten gäbe. "Wenn da nur noch einer über ist und dann was passiert, dann gibt's gar nichts mehr", sagte Rose.