Irritierende AGB-Richtlinien, getrackte Autos, horrende "Vertragsstrafen": Die Mietwagenfirma "123-Transporter" wirbt im Netz mit unkomplizierten Leihen von großen Fahrzeugen – zum Spottpreis. Für viele Kunden hatte der anfangs günstige Spaß jedoch schwerwiegende Folgen, die Konten zweier "Heute"-Leser wurden etwa komplett leergeräumt.
Über vermeintliche "Vertragsstrafen" informiert das Unternehmen im Kleingedruckten. Anwalt Norbert Piech spricht im "Heute"-Talk von einem Novum.
Die "Heute"-Redaktion wurde in den letzten Tagen mit dutzenden Fällen konfrontiert: Leser Sandro sah während der Leihe eines Fahrzeugs auf seinem Smartphone, dass ihm zu den vereinbarten Kosten 45 Euro zusätzlich abgebucht wurden. Er soll neun Sekunden lang zu schnell gefahren sein – mehr dazu hier.
Leser Alpaslan erwischt es knüppeldick, er sah sich mit 41 Abbuchungen (!) innerhalb eines Tages konfrontiert – sein Konto mit einem damaligen Stand von 2.400 Euro wurde leergeräumt. Auch Leser Yasin setzte bei seinem Umzug aus der Schweiz nach Wien auf die Mietwagenfirma – auch sein Bankkonto wurde um 1.800 Euro "erleichtert" – "Heute" berichtete.
Über die "Vertragsstrafen" befindet sich in den AGBs der Firma ein Anhang mit einem Strafenkatalog, doch darf eine Firma in ihre Geschäftbedingungen willkürlich hineinschreiben, was sie will? "Das dürfen sie tatsächlich. Die Frage ist, ob dies rechtlich haltbar ist", so Anwalt Norbert Piech.
Grundsätzlich sei es so, dass Parteien eine Privatautonimie hätten, "dürfen also vereinbaren, was sie möchten". Das Gesetz hingegen "sieht Schranken zum Schutz der Verbraucher vor übermächtigen Unternehmen vor" – etwa das Konsumentenschutzgesetz.
Abbuchungen wegen Zuschnellfahrens ohne behördlichen Organstrafmandat seien deshalb "bedenklich". Kunden dürften in solchen Fällen nicht damit rechnen, dass sie für verschiedenste Vergehen mit horrenden Geldsummen konfrontiert werden. Dass diese sogar ohne jede Möglichkeit, sich zu wehren, abgebucht werden, sei "bedenklich", erklärt Piech im "Heute"-Backstage. Diese Vorgehensweisen beschreibt Anwalt Piech als "absolut untypisch".
Der Verweis auf Vertragsstrafen in den AGBs sei laut Piech grundsätzlich berechtigt. Vertragsstrafen wären aber ohnehin gesondert zu behandeln. Doch auch hier soll die Firma nichts dem Zufall überlassen haben: Auch hier haben die AGBs vorgesehen, dass die Mieter diesem Vorgehen mit dem Akzeptieren einwilligen.
Ob Geschädigte rasch mit ihrem Geld rechnen können? "Da wird das Unternehmen wohl mitspielen müssen", so Piech. Das Problem: Die Kommunikation mit der Mietfirma gestaltet sich für Kunden schwierig, selbst auf "Heute"-Anfragen gab es keine Antworten. Er würde "sofort klagen, Geld zurückfordern und gegebenenfalls Inkasso-Briefe schicken."
Dass das Unternehmen genaue Informationen zum Ort, der Geschwindigkeit und sogar zum Rauchen im Auto in Echtzeit hat, liegt wohl daran, dass die Fahrzeuge "getrackt" werden. Dies sei datenschutzrechtlich bedenklich, die Tracking-Methoden seien hingegen ein Fall für die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung).
Auch Verstöße gegen das Transparenzgesetz wegen unlauteren Wettbewerbs könnten vorliegen. Sollte sich der Verdacht des Betrugs oder der Veruntreuung herausstellen – es gilt die Unschuldsvermutung – wären diese Fälle dann im Strafrecht aufgehoben.
Anwalt Norbert Piech empfiehlt im "Heute"-Talk, sich als Geschädigter an Vereine wie die VKI (Verein für Konsumenteninformation) zu wenden oder rechtliche Hilfe in Betracht zu ziehen.