Seit Mitte Oktober beschäftigte sich das Bezirksgericht Graz-Ost mit der Frage, wie viele Hände den Bohrer bei einer Schädel-OP im LKH Graz hielten. Zwei Neurochirurgen wurde vorgeworfen, dass sie der zwölfjährigen Tochter der Oberärztin erlaubten, beim Eingriff zu helfen.
Doch was war genau passiert? Fakt ist: Am 13. Jänner 2024 wurde ein 33-Jähriger nach einem schweren Forstunfall, der eine sofortige Schädel-OP notwendig machte, ins LKH Graz eingeliefert. Damals waren ein sich noch in der Ausbildung befindender Chirurg und eine Oberärztin zuständig. Die Frau soll jedoch ihre Tochter in den OP-Saal mitgenommen haben. An diesem Punkt starten die Vorwürfe.
Demnach habe der weisungsgebundene Arzt seine Kollegin gefragt, ob das Mädchen helfen dürfe. Dies soll die Neurochirurgin dann auch bejaht haben. Somit bestand der Verdacht, dass das Mädchen dem Patienten das Loch in die Schädeldecke bohrte. Die beschuldigte Ärztin gab an, nicht zu wissen, ob ihre Tochter tatsächlich gebohrt habe. Sie sei zu diesem Zeitpunkt im Hintergrund beschäftigt gewesen und habe nicht auf das Mädchen geachtet, berichtet der "ORF".
Eine OP-Schwester habe vier Hände auf dem Bohrer gesehen. Ein Zeuge habe hingegen ausgesagt, dass die Ärztin nach der OP meinte, dass ihre Tochter gerade ihr erstes Bohrloch gesetzt habe. Eine Krankenpflegerin meinte, dass die Chirurgin dabei "entspannt und auch stolz" gewirkt haben. Der Assistent, der den OP-Bericht erstellt hatte, kann sich jedoch nicht erinnern, dass das Mädchen im Raum war.
Für die Staatsanwaltschaft ist trotzdem eines klar: Obwohl die Operation gut verlaufen ist, dürfe das Risiko nicht kleingeredet werden. Es sei zudem "eine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten". Ähnlich dürfte dieser die Situation auch sehen.
Auch der Betroffene kam in der Verhandlung am Mittwoch zu Wort. Der Mann klagte über anhaltende Kopfschmerzen, wegen denen er starke Tabletten nehmen müsse. Zudem leide er an Schlafstörungen, da er nicht vergessen könne, dass ihn eine Zwölfjährige operiert haben soll. Aufgrund seines psychischen Zustandes sei er nun auch noch arbeitsunfähig.
Gegen 12 Uhr dann den Paukenschlag: Die Richterin sprach beide Angeklagten aus Mangel an Beweisen frei. Ihr zufolge gebe es "keine unmittelbaren Zeugen". Somit sei nicht feststellbar, ob das Kind tatsächlich gebohrt hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.