Viele Menschen starten mit dem flüssigen Wachmacher in den Tag, können sich ein Leben ohne Schwarzes Gold nicht vorstellen. Im Schnitt werden hierzulande 2,9 Tassen pro Kopf täglich getrunken. Ein Experte erklärt jetzt, warum der populäre Koffein-Booster im Handel viel zu teuer verkauft wird.
"In den vergangenen Monaten kam es an den Börsen zu einem bedeutenden Anstieg, der in Allzeit-Höchstwerten gipfelte", berichtet Jan-Michael Wernicke gegenüber "Heute". Röster würden das als Vorwand nehmen, "um zu klagen und versuchen, die Preise zu erhöhen".
Wernicke ist Geschäftsführer von Samcoffee GmbH in Tribuswinkel (Bez. Baden/Niederösterreich). Seit 43 Jahren ist der Spezialist im Kaffeehandel tätig, ursprünglich kam er aus Hamburg (Deutschland) nach Österreich.
Als börsengehandelte Ressource unterliege Rohkaffee einer "relativ hohen täglichen Schwankung". Seit einigen Jahren seien "tendenziell eher höhere Börsenwerte" zu sehen als niedrigere.
Allerdings würden auch externe Faktoren wie Frachtpreise, Finanzierungskosten oder Verfügbarkeiten von Rohkaffee eine "nicht zu unterschätzende Rolle" spielen, so der Branchenkenner. Und: Als Folge der Corona-Pandemie seien die Bohnen am europäischen Spotmarkt wegen des fehlenden Nachschubs nicht mehr wie üblich vorhanden gewesen.
Deshalb sei es zu einem "deutlich stärkeren Anstieg" der Verkaufspreise in den Supermärkten gekommen, als es durch die Erhöhung an der Börse gerechtfertigt sei.
"Zudem werden die Börsenschwankungen – ähnlich dem Diesel- und Benzinverkaufspreis – nicht eins zu eins weitergegeben", erklärt Wernicke.
Wernicke nennt die Gründe für die Kaffee-Teuerung: Mit dem Ansteigen der Börsenwerte habe man Hamsterkäufe bei Händlern und Röster feststellen können. Und: "Aus Angst und dem schlichten Versäumnis, sich ausreichend auf die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) vorzubereiten, wurden die Lager über die Maßen stark aufgestockt."
Die EU-Entwaldungsverordnung fordert einen Nachweis darüber, dass importierter Kaffee nicht auf abgeholzten Flächen angebaut wurde. Vor allem Kleinbauern haben Probleme, die Forderungen nach komplexen Nachverfolgungs-Systemen und umfangreichen Dokumentationen zu erfüllen. Sie drohen damit den Zugang zum EU-Markt zu verlieren.
"Alles in allem sehe ich derzeit eine Steigerung der Kaffeepreise im Regal als nicht gerechtfertigt an", kann der Fachmann nicht nachvollziehen, warum der Kunde für sein Lieblingsgetränk so tief in seine Geldbörse greifen muss.
„Alles in allem sehe ich derzeit eine Steigerung der Kaffeepreise im Regal als nicht gerechtfertigt an.“Jan-Michael WernickeGeschäftsführer von Samcoffee GmbH
Wernicke schüttelt den Kopf, wenn er die Preise mit dem westlichen Nachbarland vergleicht: "Insbesondere wenn ich sehe, dass Kaffee in Österreich oftmals erheblich teurer verkauft wird als etwa in Deutschland, wo es mit 2,19 Euro pro Kilo Bohnen noch eine entsprechende Steuer zu berücksichtigen gibt."